Donnerstag, 12. Juli 2012

[Story] Mein Fluch

Seit mehr als zweitausend Jahren wandele ich nun schon auf der Erde. Ich – ein Mensch. Ein Mensch mit einer endlosen Lebensspanne und unfähig zu sterben, aber ein Mensch. Nur leider gibt es einen Fehler in dieser Logik. Die Menschen haben etwas was sich Menschenrechte nennt. Sie        beinhalten unter anderem die Freiheit der Berufswahl, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Handlungsfreiheit und den Schutz vor entwürdigender, erniedrigender Behandlung. All das wird mir nicht gewährt. Ich bin ein Sklave. Und da ich in den Unterlagen der Menschen nicht existiere habe ich nicht die leiseste Chance gegen mein Schicksal Einspruch einzulegen. Aber wer hat das schon? Wer könnte gegen Knochenbrüche, Krebs oder gar den Tod Einspruch einlegen? Man kann, wie immer im Leben, nur versuchen mit dem, was einem gegeben ist, klarzukommen. Man kann sein Leben nicht einfach umtauschen wie einen kaputten Fernseher.
Selbst nach zweitausend Jahren werde ich noch immer feuerrot, wenn ich einen Moment Zeit finde darüber nachzudenken was ich tue. Glücklicherweise lassen mir die Frauen – und manchmal Männer – zu denen ich gerufen werde kaum Zeit darüber nachzudenken. Was ich tue ist einfach gesagt. Sex, ficken, Geschlechtsverkehr betreiben, poppen. Viele Wörter für ein und dasselbe. Jede Nacht, wieder und wieder. Jede Nacht mit einer anderen.
Ich spiele die männliche Nutte der gesamten Menschheit, dachte ich bekümmert. Ich spürte wie meine Laune sank während ich eine Frau – die mir so unbekannt war, dass mir
nicht mal ihr Name einfiel – betrachtete. Den Kopf auf meinem Oberarm und die Hand über meine Hüfte gelegt, schlief sie neben mir. Im Zimmer war es dunkel. Sie hatte mich gegen einundzwanzig Uhr gerufen und seitdem hatte ich sie vier Mal zum Höhepunkt gebracht. Nun war sie völlig erschöpft eingeschlafen. Gequält schloss ich die Augen. Die dünne Bettdecke, die nur knapp meine Hüfte bedeckte, rieb über meinen noch immer erigierten Penis und sorgte dafür, dass ich nicht zur Ruhe kam.
Mühelos löste ich mich von ihr und krabbelte aus dem Bett. Durch meine Jahrhunderte, sogar Jahrtausende lange Erfahrung fiel es mir leicht mich unbemerkt anzuziehen und hinaus zu schleichen. Am Anfang war ich davon überzeugt gewesen, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis mein Fluch gebrochen werden und ich wieder frei sein würde. Irgendwann kamen mir Zweifel. Ich fragte mich, ob ich dazu verdammt war bis in alle Ewigkeit fremden Frauen jeden Wunsch von den Augen abzulesen, zu erfüllen, selbst nie zu kommen und mir immer wie ein Vibrator mit Denk-Funktion vorzukommen. Inzwischen brauchte ich es mich nicht mehr zu fragen. Ich wusste, dass weder jetzt noch irgendwann jemand meinen Fluch brechen würde.
Langsam schlenderte ich durch die dunklen Straßen Londons. Während ich die altmodischen Laternen, die mit Holzformen verzierten Bänke und den schönen Pflanzenschmuck der ebenso altmodischen Balkons bewunderte, besserte sich meine Stimmung ein wenig. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Ich wusste, nun hätte ich ein paar wenige, kostbare Minuten, wenn nicht gar Stunden. Stunden in denen ich so tun konnte, als wäre ich ein ganz normaler Mann. Die Nacht war herrlich klar und warm. Am Himmel war nicht eine Wolke zu sehen. Ich beobachtete einen kleinen Schwarm Vögel, die – auf der Flucht vor dem Winter – gen Süden flogen. Man sollte meinen, wenn man so lange gelebt hat wie ich, ist man gegen jeden Schmerz immun, doch als ich die Vögel betrachtete überwältigte mich eine so starke Sehnsucht nach Freiheit, dass mir Tränen in die Augen traten.
Entkräftet sank ich auf eine der Bänke, die ich eben noch bewundert hatte, legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und gestattete mir einen Moment der Schwäche und der Erinnerung. In Gedanken reiste ich in die Vergangenheit.

Ich stand auf einer Straße. Zumindest auf dem was man, vor rund zwei Jahrtausenden, als Straße bezeichnet hatte. Eine Mischung aus Sand und Erde, die über Jahre von Ziegen, Ochsen und Pferden festgetrampelt worden war. Es war Frühling. Das erste Grün wurde gerade erst sichtbar und der Duft von Narzissen und Drachenwurz lag in der Luft. Es war früher Abend und die vom Winter noch stark abgemagerten Menschen, eilten nach einem harten Arbeitstag in ihre Hütten zurück.
Ich ging langsam die Straße hinunter und nahm die Umgebung und die Vergangenheit in mich auf. Ich war nicht mehr zweitausenddreiundvierzig Jahre alt und wünschte mir ein Ende meiner Qualen. Ich war neunzehn. Ein Jungspund der sein Leben noch vor sich hatte. Angefüllt mit Träumen und der Hoffnung auf eine glückliche Zukunft. Ich war groß, trotz meiner schlanken Statur muskulös und wurde im ganzen Dorf für meine Fähigkeiten mit dem Schwert geachtet und von den schönsten Frauen umschwärmt.
,,Hilfe, Hilfe!“, hörte ich ein ganzes Stück weiter eine junge Frau rufen. Mein Körper, durch zahllose Kämpfe und Trainingseinheiten darauf vorbereitet, reagierte sofort und rannte der Stimme entgegen. 
Drei Reiter, die aussahen als kämen sie gerade aus einer der vielen Kasernen der Umgebung, hatten ein etwa vierzehn jähriges Mädchen umzingelt. In der damaligen Zeit war es gang und gebe das Frauen, die allein und schutzlos abends herumliefen, vergewaltigt und sogar ermordet wurden. Die Trauer um den Verlust der Töchter und Ehefrauen wird, da bin ich mir absolut sicher, noch in hunderttausend Jahren so betrauert werden wie in vergangener Zeit. Der einzige Unterschied ist die Häufigkeit der Morde und somit die Aufmerksamkeit die ihnen geschenkt wird. Denn Dinge, die selten geschehen, werden intensiver beachtet als alltägliches Unglück. Dabei würde gerade erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber dem was falsch und grausam ist dazu beitragen das Leben und die Welt zu verbessern.
Ich rannte zu dem Mädchen und stellte mich zwischen sie und die Reiter. Auch wenn ich mit beeindruckenden Fähigkeiten mit dem Schwert aufwarten konnte, waren drei zu eins doch zu viel.
Ich drehte mich zu dem Mädchen um. Ihre Schönheit nahm mir fast den Atem. Ihr langes, glänzendes, feuerrotes Haar reichte bis zu ihrer schmalen Taille und betonte diese auf umwerfende Weise. Sie hatte ein schmales Gesicht, was allerdings keineswegs streng oder kalt sondern vielmehr freundlich wirkte. Etwas kleiner als ich, konnte ich ihr problemlos in die Augen sehen, die einen Farbton hatten den ich nie zuvor gesehen hatte. Irgendetwas Dunkles mit einem ganz leichten Rotstich. Wunderschön.
Das alles nahm ich innerhalb von Sekundenbruchteilen war. ,,Lauf weg!“, befahl ich dem Mädchen barsch und drehte mich wieder zu den Reitern um.
,,Du hast uns unseren Spaß vermiest.“, sagte der erste und bulligste der drei. Aus den Augenwinkeln sah ich wie das Mädchen querfeldein fortrannte. In der damaligen Zeit wurden Menschen die für andere eintraten keineswegs verehrt. Sie wurden als dumm und einfältig angesehen. In der vergangenen Zeit, wo eine einzige falsche Bemerkung das Leben fordern konnte, war sich jeder selbst der Nächste.
,,Ich denke, es wäre ein ziemlich einseitiger Spaß gewesen.“, antwortete ich und schob meine Hand unauffällig in die Nähe meines Gürtels, an dem mein Schwert befestigt war. Meine Hoffnung ohne Kampf davon zu kommen, löste sich in Luft auf als zwei der Reiter ihre Position wechselten und ich plötzlich eingekreist war.
Kampf ist meine Stärke, nicht Diplomatie. Und so ist es vermutlich kaum verwunderlich das ich nicht wusste was ich sagen sollte.
,,Leute… kommt. Auf ein Bier. Ich lade euch ein.“
,,Etwas anderes wäre mir persönlich jetzt lieber.“, sagte der bullige, der scheinbar der Anführer war und zog sein Schwert. Hinter mir hörte ich es klirren und begriff, dass auch die anderen zwei ihre Schwerter inzwischen gezogen hatten. Sie stiegen von ihren Pferden und kamen näher. Ich zog ebenfalls mein Schwert, war mir aber vollauf bewusst, dass ich nicht drei gleichzeitig abwehren konnte.
,,Weißt du, eine schöne Prügelei könnte mir auch gefallen.“, sagte der Anführer zu mir. ,,Was hältst du davon?“
Ich wog meine Chancen ab. Einen Schwertkampf gegen drei Soldaten der Kaserne zu überleben war nicht sehr wahrscheinlich. Eine Prügelei  schon eher. Ein letzter Blick über die Schulter sagte mir, dass keine Hilfe in Sicht war. Und so straffte ich die Schultern und warf mein Schwert einige Meter von mir fort. Auch wenn ihnen Anstand fremd war, verbot ihnen ihre Männerehre dies auszunutzen und so warfen sie ihre Schwerter meinem hinterher.
,,Dann los!“, sagte der Anführer gut gelaunt.
Prügelei konnte man das, was folgte, wohl kaum nennen. Eher ein draufhauen. Innerhalb von wenigen Sekunden hatten sie es zu dritt geschafft mich zu packen und in eine Position zu bringen in der sie mich – für sie – bequem zusammenschlagen konnten. Irgendwann wurde mir schwarz vor Augen und ich sank in Ohnmacht.

,,Hey, aufwachen!“ Ich brauchte eine Weile bis ich wieder halbwegs bei Sinnen war. Das erste was ich spürte, war der Schmerz, der von einem dumpfen Pochen meiner Nase bis zu dem schneidenden, brennenden meiner Schulter reichte. Ich wimmerte gequält. Als Mann in dieser Zeit gibt man solche Geräusche nur sehr selten von sich und auch wenn sich alles drehte und ich das Gefühl hatte gleich wieder ohnmächtig zu werden unterdrückte ich weitere davon.
,,Bist du wach? Wie geht es dir?“, hörte ich eine hohe Piepsstimme fragen. Ich öffnete die Augen, oder versuchte dies zumindest. Durch einen kleinen Spalt, des Auges das nicht völlig zugeschwollen war, erkannte ich das Mädchen von vorhin wieder.
,,Hervorragend.“, antwortete ich, meine Stimme voll Ironie. Sie lächelte matt, kniete sich neben mich und hob meinen Kopf etwas an um ihn auf ihre Beine zu legen. Als sie dabei meine Schulter bewegte, schrie ich gepeinigt auf. Während ich mit fest geschlossenen Augen versuchte die Schmerzen zu unterdrücken, streichelte sie sanft meine Stirn.
,,Lebt er noch?“, hörte ich eine tiefe Männerstimme fragen.
,,Ja, Vater.“, antwortete das Mädchen.
,,Also schön. Dann lass ihn uns ins Haus bringen.“
Ich spürte wie ihr Vater meinen, scheinbar unversehrten, Arm um seinen Hals legte und mich mit einem Ruck hochzog. Die Schmerzen, die diese brutale, unkontrollierte Bewegung, in mir auslöste waren grausig und ich brauchte alles was ich an Selbstbeherrschung besaß um nicht erneut zu schreien.
Nach einer schieren Ewigkeit wurde ich durch die Tür einer Hütte gezogen. An humpeln war, allein schon wegen meiner Schulter, die sich bei der kleinsten Bewegung in ein Feuerinferno verwandelte, nicht zu denken. Aber selbst wenn doch, verhinderte der Dämmerzustand in dem ich seit meinem Erwachen gefangen war, jede noch so kleine Bewegung.
Ich wurde in ein Bett gezerrt und bis auf meine Unterwäsche völlig ausgezogen. So etwas wie Heizungen oder auch nur Isolierungen gab es nicht und so zitterte ich am ganzen Leib während das Mädchen meine Verletzungen gründlich wusch, kühlte und verband.
Die Kälte und die mangelnde Bewegung linderten meine Schmerzen und brachten mich zurück in die Realität.
,,Ich bin Cassandra.“, stellte sich das Mädchen vor als sie bemerkt hatte das ich wach war.
,,Alexandre“, brachte ich mühsam hervor.
,,Ich weiß.“, antwortete sie während ihr Gesicht einen sanften Rotton annahm. ,,Danke das du mich gerettet hast.“
,,Keine Ursache.“, sagte ich und schaffte es doch glatt ein Lächeln zustande zu bringen.

Sie pflegte mich gesund. Danach trafen wir uns beinah täglich. Innerhalb von wenigen Tagen waren wir fest zusammen. Zu diesem Zeitpunkt liebte ich sie über alle Maßen und war fest davon überzeugt, dass das was wir hatten für die Ewigkeit bestimmt war. Zur damaligen Zeit heirateten Frauen bereits mit dreizehn oder vierzehn Jahren. Wenn ein aufstrebender, angesehener Soldat, in jungem Alter um die Hand einer Bauernstochter wie Cassandra anhielt – und die beiden sich sogar liebten - wurden Nägel mit Köpfen gemacht und so waren wir bereits nach wenigen Wochen verheiratet. Doch bereits vier Monate später ging unsere Beziehung in die Brüche. An den Tag, an dem alles endete, erinnere ich mich noch als wäre es gestern gewesen.
Ich hatte einen Albtraum gehabt und war deshalb früher als sonst zum Frühstück nach unten gekommen. Ich ging sehr leise. Ob es aus Instinkt war oder einfach durch die Kaserne antrainiertes, leises Verhalten was ich unbewusst umsetzte weiß ich nicht. Ich blieb am Fuß der Treppe stehen und betrachtete meine Frau. Ja, ich liebte sie in diesem Moment. Und dennoch spürte ich, dass es irgendwie falsch war. Am Anfang hatte ich es darauf geschoben, dass mir das Eheleben fremd war doch in letzter Zeit waren wir so unserem Tagesablauf gefangen das es nichts ungewohntes mehr gab.
Ich wollte mich gerade bemerkbar machen und ihr einen guten Morgen wünschen, als ich sie eine kleine Flasche aus ihrem Rock ziehen sah. Ich erstarrte und beobachtete wie sie einige Tropfen aus der Flasche in eine vor ihr stehende Tasse gab. Meine Tasse.
,,Hey, was machst du da?“, fragte ich. Alles in mir flehte, es möge nur, wie Zucker, etwas für besseren Geschmack sein und nicht, wie ich vermutete, Gift.
,,Nichts.“, sagte sie in bemüht beiläufigem Ton, der aber nicht über die Angst in ihren Augen hinwegtäuschen konnte.
,,Was hast du mir in die Tasse getan?“
Ich sah wie sie fieberhaft überlegte, wie sie aus dieser Situation hinauskommen konnte. Wäre es Gift, hatte ich das Recht sie auszupeitschen, einzusperren, auf jede erdenkliche Weise zu bestrafen und sogar hinrichten zu lassen.
Sie wich vor mir zurück. Doch ich ergriff blitzschnell ihren Arm, zog sie zu mir, griff in ihre Rocktasche und holte die kleine Flasche heraus. Inzwischen zitterte sie am ganzen Leib.
,,Was ist das?“, fragte ich mühsam beherrscht, während ich die blutrote Flüssigkeit betrachtete.
,,W…W…Wein.“, stotterte sie.
Ich war bereits seit vier Jahren Soldat. In der Zeit hatte ich vieles gelernt. Eines ist die Fähigkeit Lügen – zumindest schlechte – zu durchschauen.
,,Okay. Lass es mich so ausdrücken: Was ist das wirklich?“
Egal womit ich drohte, ich bekam kein weiteres Wort aus ihr raus. So blieb mir keine andere Wahl als zu einer Kräuterfrau zu gehen. Dieser gab ich das Fläschchen und bat sie mir zu sagen was es war. Ein Liebestrank. Zusammengebraut aus einer Mischung verschiedener Kräuter und Blut und mit einem altgriechischen Zauberspruch belegt, musste der trinkende seine Frau nur sehen um sie so sehr zu lieben, dass er sogar für sie sterben würde. Mir wurde schlecht. Die Frau fragte mich noch von welcher Hexe ich den Trank hatte, doch sie hatte nicht gelogen. Auch wenn mir mit jeder Minute klarer wurde, dass meine Liebe zu Cassandra auf diesem Trank beruhte, brachte ich es nicht übers Herz sie als Hexe anzuprangern und dadurch zuzulassen, dass sie gejagt und verbrannt wurde.
Ich schenkte ihr das Haus, was ich für uns beide gekauft hatte, und packte meine Sachen. Noch unter dem Einfluss des Trankes trennte ich mich von ihr. Als ich fort ging, schrie sie mir hysterisch nach, sie würde mich verfluchen.

Ein hilfloses Schluchzen holte mich zurück in die Gegenwart. Ich blickte mich suchend um bis ich, einige hundert Meter weiter, vier Jugendliche und ein etwa ebenso altes Mädchen sah. Sie hatten sie an einer Hauswand vor eine Buchladen eingekesselt und waren schon fast damit fertig ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Während sie an ihrem BH zerrten und sie hemmungslos begrapschten, versuchte sie weinend ihre Blöße zu bedecken.
Manche Dinge ändern sich wohl nie, dachte ich angewidert. Keine fünf Sekunden nachdem ich sie hatte, war ich bereits dort und riss die Jungs von dem Mädchen runter. Dann griff ich mir den erstbesten den ich zu fassen bekam, hob ihn am Kragen hoch, zog ihm mit der freien Hand sowohl Hose als auch Shorts runter und wartete geduldig bis seine Kumpane wieder auf die Beine gekommen waren.
Eingeschüchtert von meinem Kraftbeweis blieben sie wie erstarrt stehen und sahen mich verstört an.
,,Seht gut her, Männer!“, sagte ich ruhig. Das ,Männer´ kam betont spöttisch raus um ihnen klarzumachen, was für Schlappschwänze sie seien mussten, da sie sich an einem wehrlosen Mädchen vergriffen.
,,Dass“, sagte ich und umfasste mit meiner freien Hand die Hoden des, noch immer an meiner Hand baumelnden, Jungen. Dieser wimmerte als er es spürte. ,,Dass passiert, wenn ich noch mal mitbekomme, dass ihr einem unschuldigen Mädchen an die Wäsche wollt!“ Ich drückte seine Hoden bis er erstickt aufschrie. Ich war vielleicht etwas grob gewesen, deswegen lockerte ich meinen Griff ein wenig. Tränen liefen über seine Wangen und mit unnatürlich hoher Stimme schluchzte er das es ihm leid täte.
,,Und euch?“, fragte ich während ich die Hoden des Jungen weiter drückte. ,,Tut es euch auch Leid?“ Ich spürte wie eine warme Flüssigkeit über meine Hand lief. Aber ich war ja selbst Schuld und außerdem hatte ich im laufe der Jahrhunderte schon viele Dinge machen und mitmachen müssen die viel ekelhafter waren als das.
Die bis dato erstarrten Jungs nickten hastig. ,,Ja!“ Ich lächelte. ,,Brav. Ihr könnt euch sicher sein, wenn ihr diesem Mädchen oder irgendeinem sonst jemals wieder etwas tut, werde ich euch finden. Und nun verschwindet!“
Bei meinem letzten Wort nahmen die beiden ihre Beine in die Hand und rannten fort. Etwas verspätet viel mir ein, dass der dritte Junge noch immer am Ende meiner Hand baumelte. ,,Du hast ja nette Freunde. Schon traurig zu sehen wie sie dich einfach so im Stich lassen, oder?“
Als der Junge schluchzte ließ ich ihn zu Boden sinken. ,,Hau ab.“ Mit einer Hand seine Hoden umklammernd und seine Hose zurücklassend rannte er davon.
,,Geht es dir gut?“, fragte ich an das Mädchen gewandt.
Verschreckt blickte sie mich an. ,,J…ja, danke.“
,,Ich hoffe, ich habe dir eben keine Angst eingejagt. Ich dachte nur ein ordentlicher Schock wäre mehr Wert als ein schnelles wegjagen. So werden sie es sich zweimal überlegen, ob sie es noch einmal tun.“
,,Zweimal? Eher hunderttausend Mal. Wenn das überhaupt Reicht!“, brachte sie hysterisch lachend hervor.
,,Ich glaube du hast einen Schock…“
,,Vermutlich hast du Recht.“, sagte sie und versuchte vergeblich weitere Lachanfälle zu unterdrücken. Ich lächelte matt, hob ihre Kleidung vom Boden auf, schüttelte den Dreck ab und reichte sie ihr.
Durch den Schock war sie unnatürlich blass. Ihre Augen hatten einen warmen Braunton, der sicher unter normalen Umständen sehr schön war, wenn nicht der Rest ihrer Augen durch ihre Tränen gerötet gewesen wäre. Ihre langen, braunen Haare lagen, vom weglaufen, strähnig auf ihrem Kopf und klebten auf ihrer verschwitzten Stirn. Sie hatte sich scheinbar mit den Jungs ein hartes Wettrennen geleistet bevor sie sie geschnappt und ich sie entdeckt hatte. Von der Figur her ähnelte sie auf verblüffende Weise Cassandra mit einer Ausnahme. Sie war bestimmt mindestens fünfzehn Zentimeter kleiner als Cassandra.
Dankbar lächelte sie mich an, nahm sie entgegen und zog sich an. ,,Wo wohnst du? Ich…“, sagte ich, doch noch bevor ich zu Ende reden konnte, spürte ich den intensiven Ruf des Fluches und wusste, ich musste zurück. Zurück zu der wildfremden und ihr zu Diensten sein.
,,Ich muss leider fort. Ruf dir ein Taxi und pass auf dich auf.“, sagte ich, während ich ihr zwanzig Pfund in die Hand drückte für den Fall das sie kein Geld dabei hatte.
,,Warte!“, rief sie mir hinterher. Ich wäre stehen geblieben. Ich hätte sie gerne nach Hause gebracht und mich vielleicht sogar noch ein wenig mit ihr unterhalten. Es wäre schön gewesen mich, nicht als Vibrator mit Denk-Funktion mit meiner Herrin sondern, als Mensch mit einem anderen Menschen zu unterhalten.
Niedergeschlagen versank ich wieder in Gedanken während ich, vom Fluch getrieben, so schnell ich konnte durch die Straßen zurück zu dem Haus rannte aus dem ich mich vor etwa zwei Stunden fortgeschlichen hatte.

Nachdem mich der Fluch getroffen hatte, hatte ich es genossen jede Nacht in einem anderen Bett zu sein. Schöne, willige Sexpartner, keine Eifersuchtsszenen und ständig neue Orte die ich bewundern konnte. Ich hatte Cassandra innerlich verspottet. Anstatt eines Fluches hatte sie mir ein großes Geschenk gemacht, dachte ich. Doch dann war ich erwachsen geworden. Mit jeder Nacht begann ich mehr und mehr zu begreifen was der Fluch wirklich bedeutete. Niemals einen Ort zu haben den man als Zuhause bezeichnen konnte, da man ständig woanders war, keine Freunde mit denen man rumalbern und seine Sorgen teilen konnte, niemals tief empfundene, ehrliche Liebe erleben und jeden Tag von neuem von seinem eigenen Körper vergewaltigt werden.
Naja wo wir schon beim Thema sind…dachte ich ironisch während ich spürte wie sich mein Körper ohne mein zutun bewegte. Schalt den Kopf aus. Denk nicht daran was du gleich tun musst. Die Frau erwartete mich bereits an der Haustür. Lächelnd trat sie zur Seite. Während ich eintrat lächelte ich höflich zurück.
,,Ich habe mich gefragt wo du bist. Du sagst du erfüllst meine geheimsten Wünsche und dann verschwindest du sobald ich kurz eindöse?“, tadelte sie mich.
,,Wenn es dein Wunsch ist, dass ich auch über deinen Schlaf wache, werde ich dies selbstverständlich tun.“, sagte ich niedergeschlagen. Der Fluch verhinderte jedoch, dass die Frau etwas von meiner miesen Stimmung mitbekam.
,,Im Moment ist Schlaf das Letzte was ich im Sinn habe. Du bist so…“ Ohne den Satz zu beenden kam sie mir näher und küsste mich. Denk an Fußball, den 11. September, Hausarbeit versuchte ich mich verzweifelt davon abzulenken das ich den Kuss erwiderte. Ich spürte wie ihre Hand über meinen Körper wanderte und an meiner Jeans stoppte. Der neue Audi mit Sportauspuff und Servolenkung! Der Fluch zwang mich immer genau das zu tun was die jeweilige Person die mich rief sich wünschte. Das ich meine Hände nicht mehr bewegen konnte, während sie mit ihrer über die größer werdende Beule in meiner Jeans rieb, hatte also einen Grund. Ich stöhnte gequält während ich spürte wie meine Erektion von der Hose unangenehm eingezwängt wurde. Trotz dieser Situation wäre es mir lieb gewesen die Zeit anhalten zu können und nicht hilflos spüren zu müssen wie sie mich komplett auszog. Sanft drückte sie mich aufs Bett. Die dicken Eisen-Handschellen mit denen sie meine Hände an die Pfosten ihres Bettes fesselte, waren eher eine symbolische Geste. Scheinbar törnte es sie an zu wissen, dass sie mit mir tun und lassen konnte was sie wollte.
Scham stieg in mir auf, als ich spürte wie sie an meinem Körper hinab glitt und anfing meinen Penis grob zu stimulieren. Schon nach kurzer Zeit war ich kurz vor dem Orgasmus. Mir war klar, dass ich nicht kommen würde. Sie dachte, dass sie das Endergebnis bei sich selbst noch steigern könnte, ich mir mehr Mühe geben würde, wenn ich bis zum geht-nicht-mehr erregt wäre, aber da irrte sie sich. Ich war vorm Orgasmus weil SIE es wollte. Ich würde sie stimulieren wie SIE es wollte und zum Orgasmus bringen wann SIE es wollte.
Wie ich es bereits erwartet hatte, löste sie meine Fesseln und damit auch die geistigen und küsste mich lang und ausgiebig auf den Mund. Mein Körper drehte sich mit einer blitzartigen Bewegung, so dass ich auf ihr zum liegen kam. Dann fesselte ich sie, wie sie vorher mich und flüsterte rau: ,,Jetzt nehme ich Rache.“
Ich begann mir langsam einen Weg ihren Körper hinabzuküssen, rieb zärtlich über eine ihrer Brustwarzen und verwöhnte sie gut zwanzig Minuten mit sanften Liebkosungen und bissen. Zum Schluss begann ich langsam kreisend an ihrer sensibelsten Stelle zu lecken, an ihr zu sagen und zu blasen. Ich hörte sie wimmern und wusste dass sie den Orgasmus nun wollte. Ich begann sie schneller und sanfter zu lecken und merkte wie sie keine Minute später anfing zu zucken und zu schluchzen. Ich leckte noch einige Sekunden weiter bis auch die kleinen Nachbeben abgeklungen waren und beendete es mit einem sanften Kuss auf ihren Mund. Sanft löste ich ihre Fesseln und deckte sie zu. Ich hörte sie glückselig seufzen während mein Penis weiter gequält pochte. Als ich sicher war, dass sie eingeschlafen war, ging ich ins Badezimmer und unter die Dusche um den Druck durch die Kälte des Wassers zu lindern. Mein Körper begann haltlos zu zittern und ich war mir sicher, dass es nicht durch das kalte Wasser kam. Entkräftet sank ich auf den Boden der Dusche und begann leise zu weinen. Geschafft. Ich spürte wie der Fluch… nachließ. Ich wusste er würde zurückkehren sobald die nächste Frau meine Dienste wollte aber im Moment war ich frei und mein Körper gehorchte nur mir allein. Ich trocknete mich schnell ab, zog mich an und rannte so schnell ich konnte raus in die kalte Nachtluft.
Tief atmend, um die Tränen und das zittern zurückzudrängen, wanderte ich erneut durch die Straßen Londons. Doch irgendwann gab ich es auf, sank auf einer Parkbank zusammen, die Arme fest um meinen Körper geschlungen, und ließ meinen Tränen freien Lauf.



Es war sehr knapp gewesen. Während ich in meiner Zwei-Zimmer-Wohnung am Fenster saß und die Sterne betrachtete, dachte ich über die nur knapp vereitelte Vergewaltigung nach. Der Mann der mir geholfen hatte, sah richtig gefährlich aus. Mit kurzen, verstrubbelten, blonden Haaren. Sein Körper war muskelbepackt und seine grünen Augen…. In seinen Augen lag eine unglaubliche Wildheit, aber auch… Einsamkeit?
Wahrscheinlich hatte ich mich geirrt, schließlich war unsere Begegnung sehr kurz gewesen. Es war mir so vorgekommen als ob er noch etwas hatte sagen wollen. Was hatte dafür gesorgt, dass er so plötzlich verschwand? Wolken begannen sich über die Sterne zu schieben und ein regelrechter Wolkenbruch war das Ergebnis. Wäre ich nicht hier aufgewachsen, hätte es mich vielleicht beeindruckt zu sehen, dass das Wasser so schnell hinabprasselte das die Gullys kaum nachkamen und sich ein kleines Meer auf dem Fußweg sammelte. Ich hätte ihn fast übersehen, während ich dem Meer beim wachsen zusah. In der Dunkelheit, mit seiner dunklen Kleidung und so auf der Bank zusammengekauert, wirkte er beinah unsichtbar. Doch der Mann der dort saß, war eindeutig mein Retter von vor einigen Stunden. Wieso saß er da in dem Regen? Selbst aus der Entfernung ließ es nur einen logischen Schluss zu: Es ging ihm nicht gut. Ich zögerte nur eine Sekunde. Was wenn er es doch nicht war und er ihm nur aus der Entfernung ähnlich sah? Doch den Gedanken verwarf ich. Ich war es ihm schuldig mich vernünftig bei ihm zu bedanken und ihm zu helfen, falls er Hilfe benötigte. Schnell zog ich Jeans und Regenjacke über mein Nachthemd und die Gummistiefel über meine nackten Füße.
Der Weg bis zu der Bank auf der er saß war kurz. Vom ersten Stock abwärts und dann an einigen Läden vorbei. Keine hundert Meter. Ich zog mir die Kapuze tief ins Gesicht und näherte mich dem Mann vorsichtig. Er war bereits völlig durchnässt. Seine Jeans und sein T-Shirt klebten wie eine zweite Haut an ihm. Tief vorgebeugt saß er da, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte.
,,Hallo?“, fragte ich vorsichtig. ,,Geht es ihnen gut?“ Er reagierte nicht. Er war doch nicht etwa…Tod? Nein, bei näherem hinsehen konnte ich sein krampfhaftes zittern sehen. Zögerlich legte ich meine Hand auf seinen Oberarm. Er zuckte kurz zusammen, dann blickte er auf. Ja, ich hatte Recht gehabt. Er war es. Diese grünen Augen hätte ich vermutlich unter tausenden wieder erkannt.
,,Was haben Sie? Wieso sitzen sie hier rum? Sie werden sich noch den Tod holen!“ Es war tiefe Nacht. Drei oder vier Uhr. Und dementsprechend im späten Herbst kalt. Maximal zwei oder drei Grad über null und er saß da, bis auf die Knochen durchnässt, im T-Shirt.
Er lehnte sich auf der Bank zurück und legte den Kopf in den Nacken damit der Regel noch besser auf ihn einprasseln konnte. Mit schwacher Stimme sagte er: ,,Und du? Wie alt bist du? Neunzehn? Zwanzig? In dem Alter nachts rumwandern ist auch nicht gerade das was man klug nennt.“ ,,Ich wohne hier. Ich bin nur rausgekommen, weil ich sie sah und mich sorgte!“, verteidigte ich mich. ,,Außerdem bin ich bereits siebenundzwanzig und nicht neunzehn.“



Das war ungewöhnlich. Ich starrte das Mädchen das vor mir stand einen Moment lang verblüfft an. Normalerweise konnte ich das Alter von Personen bis auf wenige Tage genau schätzen. Ein verborgenes Talent? Ich denke nicht. Wohl eher das Ergebnis von Millionen und Abermillionen verschiedener Gesichter die ich in meinem Leben gesehen habe. Aber egal, gewöhnlich war schließlich eines der wenigen Wörter die nicht auf mich zutrafen.
,,Achso? Geh trotzdem besser wieder rein.“, murmelte ich tonlos, wofür ich mich sofort schämte. Ich wollte nicht, dass sie ging. Die ehrliche Besorgtheit, die ich aus ihrer Stimme heraushörte, berührte mich zutiefst.
,,Sie haben geweint.“, stellte sie nüchtern fest. Ich spürte genau, wie mein Gesicht innerhalb weniger Sekunden feuerrot und glühend heiß wurde. Ich hatte bereits vor Jahrhunderten mit meinem Schicksal abgeschlossen und aufgehört damit zu hadern. Doch irgendwie war heute vieles aus mir herausgebrochen. Scham, Trauer, Verletzbarkeit, Einsamkeit… Er hatte bereits vorhin im Schlafzimmer gespürt, dass dies kein guter Tag werden würde. Normalerweise konnte er sich, wenn es soweit war und er der jeweiligen Frau völlig ausgeliefert war, gut ausklinken. Sein Körper übernahm dann das Kommando und er selbst war nur minimal anwesend. Heute war es anders gewesen. Er hatte jede Berührung gespürt. Seine Erregung und auch die Tatsache, dass er sich nicht frei bewegen konnte war ihm lange nicht mehr so intensiv bewusst gewesen wie heute.
,,Du spinnst. Wieso sollte ich.“, zickte ich sie an.
,,Das frage ich dich. Dir geht’s nicht gut!“
,,Achso? Wie schlau du doch bist!“ Inzwischen war ich richtig laut geworden, war aufgestanden und hatte die Hand die sie auf meinen Unterarm gelegt hatte grob abgeschüttelt.
Einige Sekunden kämpfte ich mit mir bevor ich, ihr meinen Rücken zugedreht, leise sagte: ,,Es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht so anfahren. Mir geht es wirklich nicht gut, aber…. du kannst nichts tun.“
,,Hm. .. du solltest dich erstmal etwas ausruhen. Geh nach Hause etwas schlafen.“
Matt nickte ich. ,,Weißt du wo hier in der Gegend ein Hotel ist? Ich war lange nicht mehr hier. Das Hotel in das ich wollte steht nicht mehr.“
,,Ein Hotel? Hier stand, soweit ich weiß, nie ein Hotel. Nicht zu unseren Lebzeiten zumindest. Du wohnst nicht hier?“
,,Nein, ich…arbeite hier. Vorübergehend.“
Einen Augenblick dachte sie nach, dann: ,,Komm mit mir!“
Verblüfft drehte ich mich zu ihr um.
,,Du kannst heute bei mir bleiben. Du brauchst einen Unterschlupf…“
Zuerst wollte ich ablehnen, doch dann lächelte ich sie matt an und nickte. Gemeinsam gingen wir in ihr Apartment. Dort, in der Wohnung, wurde sie plötzlich feuerrot. Einen Moment trat sie unsicher von einem Bein aufs andere, bevor sie schließlich, eine Entscheidung getroffen, ihre Regenstiefel abstreifte und schließlich mit nackten Füßen in das angrenzende Zimmer tapste. Als sie zurückkam drückte mir ein Schlabbershirt und eine Jogginghose in die Hand.
,,Sind von meinem Ex-Freund übrig geblieben. Was größeres kann ich nicht anbieten.“, sagte sie und beäugte zweifelnd erst die Kleidung und dann mich. Ich lächelte. Ich hegte die gleichen Zweifel wie sie. Auch ich glaubte nicht, dass sie passen würden. Ich hatte nicht mal damit gerechnet dass sie überhaupt etwas fand. Eigentlich hatte ich ablehnen wollen, doch die Kleidung fühlte sich so warm, weich und vor allem trocken unter seinen Fingern an, dass ich nicht wiederstehen konnte. Ich kann ja schlecht ihre Wohnung volltropfen, rechtfertigte ich mich vor mir selber, während ich mit der Kleidung im Badezimmer verschwand. Nachdem ich mich – ihrem Angebot folgend – kurz heiß geduscht und umgezogen hatte, stand sie noch immer – nass wie zuvor im Flur. Als sie gähnte konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Sie sah so müde aus wie ich mich fühlte.
,,Alles okay?“, fragte ich.
,,J…ja.“ Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich eine Schlafanzughose die schnell hinter ihrem Rücken verschwand, während sie ins Bad floh. Ich grinste. Sie hatte nichts drunter. Das war also der Grund, warum sie sich nicht ihrer Regenkleidung entledigt hatte. Keine zwei Minuten später trat sie wieder aus dem Bad. Verlegen standen wir voreinander.
,,Nun, ich zeige dir am Besten wo du schlafen kannst…“, sagte sie. Ich folgte ihr ins Wohnzimmer und half ihr dabei die Couch auszuklappen.
,,Sie ist nicht sonderlich bequem und vermutlich sogar zu klein, aber…“
,,Nein, sie ist perfekt. Danke.“, erwiderte ich lächelnd und nahm die Decke entgegen die sie mir gab. Trotz der heißen Dusche klang die Kälte des Regens noch in mir nach und die Decke spendete die ersehnte Wärme. Es dauerte keine zwei Minuten und ich war bereits tief und fest eingeschlafen.

Am nächsten Morgen wachte ich von dem Geruch von Kaffee auf. Ich blieb noch einen Augenblick liegen, noch nicht bereit den Tag zu beginnen, und starrte an die Decke. Was würde der Tag bringen? Das hatte ich mich schon lange nicht mehr gefragt. Aber ich hatte auch schon sehr lange nicht mehr bei einem wildfremden Mädchen übernachtet und NICHT mit ihr geschlafen. Auch war ich schon lange nicht mehr mit Kaffee geweckt worden. Seufzend stand ich auf und folgte meiner Nase. Ihre Wohnung war extrem klein. Ein Kleiderschrank, ein Bett, ein Fernseher und ein Highboard, darauf bestand das Wohnzimmer. Mochte sie es so…beengt? Der winzige Flur führte in die Küche, in der kaum genug Platz war, damit zwei Personen sitzen konnten.
,,Was magst du essen?“, fragte sie freundlich aber noch sichtbar müde.
,,Frühstück inklusive? Das ist toll.“, gestand ich. ,,Das habe ich schon sehr lange nicht mehr getan.“
,,Gefrühstückt?“
,,Nein…oder doch, ja.“ Nachdem ich die Bedürfnisse der Frauen erfüllt hatte, wollten sie meistens dass ich ging. Daran wo ich schlief, wo ich aß und ob es mir gut ging… nein, daran hatten sie nie einen Gedanken verschwendet. Wozu auch? Sie bekamen ja was sie wollten. Dankbar nahm ich eine Scheibe Toast und begann sie mit Marmelade zu beschmieren. ,,Ich weiß gar nicht deinen Namen.“, sagte ich lächelnd zu ihr. ,,Weiß gar nicht bei wem ich mich bedanken muss.“
Sie errötete. ,,Sindy. Aber du brauchst dich nicht zu bedanken.“
Ich lächelte. ,,Ich bin Alexandre.“
,,Ein ungewöhnlicher Name. Aber schön.“
Damals war es ganz und gar kein ungewöhnlicher Name gewesen. Aber das konnte ich ihr ja schlecht sagen, oder? Plötzlich kam mir in den Sinn das ich jederzeit durch den Fluch fluchtartig die Wohnung und sie verlassen könnte. ,,Meine Arbeit… sie kommt ziemlich plötzlich und ich muss dann sofort los. Und damit meine ich wirklich sofort. Besser du weißt es nicht das du… na ja…“
Sie nickte. ,,Ja, okay.“
Eine Weile aßen wir in einträchtigem Schweigen unseren Toast. Nachdem ich ihr geholfen hatte das Geschirr wegzuräumen, setzten wir uns gemeinsam auf ihr Bett. Die einzige Sitzmöglichkeit abgesehen von der winzigen Küche.
,,Warum warst du gestern so traurig?“, fragte sie geradeheraus. Ich lächelte. Ja, ich mochte Leute die schnell auf den Punkt kamen. Da ich jederzeit wieder fortgehen könnte, war ich ein sehr schneller Mensch geworden. Der Gedanke, dass mich gleich jemand rufen könnte, verdarb mir die Laune gewaltig. ,,Mein Job… gefällt mir nicht. Um genau zu sein hasse ich ihn. Aber… ich kann nicht kündigen.“ Innerlich schüttelte es mich vor unterdrücktem lachen. Job, kündigen. Was für eine Untertreibung! Aber dennoch stimmte es irgendwie.
,,Warum kannst du nicht kündigen?“
Ja, wie sollte ich ihr erklären das Flüche keine Kündigungsfrist hatten? Naja, vielleicht genau so. ,,Flüche haben keine Kündigungsfrist.“ ,sagte ich trocken.
Einen Moment sah sie mich verdutzt an. Dann begann sie hemmungslos zu lachen. Ich mochte ihr lachen. So echt und unverfälscht. Sie wollte nichts von mir außer reden. Eine ungewohnte Erfahrung. Mit ihr zu reden war, als würden riesige Felsen die vorher auf mir lagen einfach heruntergenommen und als könnte ich das erste Mal nach ewiglanger Zeit wieder frei atmen. Ich lächelte sie an.
,,Es würde zu weit führen es zu erklären. Ich habe den Job schon sehr lange und…“
,,Ist okay. Belassen wir es einfach dabei. Hast du schon einmal mit deinem Chef darüber gesprochen?“
,,Der ist… Tod.“ Nicht auffindbar würde es eher treffen. Tatsächlich war Cassandra, seit dem Tag an dem sie den Fluch aussprach nicht mehr zu finden gewesen. Aber auch dass war schwer zu erklären. Nun schien sie vollends verwirrt zu sein.
,,Ich komme aus dem Job nicht raus, da kann man nichts gegen tun. Aber… ich bin sehr froh, dass ich heute Nacht bei dir gelandet bin. Es war… ich danke dir.“
,,D…du hattest dich bereits bedankt. Aber wie gesagt, es waren keine großen Umstände und ich habe mich sehr über die Gesellschaft gefreut. Was tust du in deinem Job?“, wechselte sie abrupt das Thema.
Ich bringe mehr als tausend Frauen jährlich zum Orgasmus.
,,Ich… werde angefordert und… helfe den Kunden bei… besonderen, anfallenden Arbeiten.“
,,Sowas wie eine Ich-AG? Hilfst du Luftballons aufblasen, Tische dekorieren und Schränke aufbauen?“ ,,Ja, so was in der Art. Blasen musste ich auch schon mehrmals.“, sagte ich in einem plötzlichen Anfall von schwarzem Humor.
Sie erzählte mir, dass sie in einem Tierheim arbeitete und viel Zeit aufwendete um Rezepte auszuprobieren und anbrennen zu lassen. Wir redeten gute zwei Stunden lang und sie begann mir immer besser zu gefallen. In die Haarsträhne, die ihr immer wieder ins Gesicht fiel und wie sie den Kopf leicht drehte, wenn sie lachte hatte ich mich schon fast verliebt. Ich Narr. Ich wusste doch, dass ich bald fortgehen musste. Wer weiß, wer mich als nächstes rufen würde. In welcher Stadt und Land ich als nächstes seien würde. Das letzte Mal in London war ich vor rund dreißig Jahren gewesen. Was sagte das uns? Das es absolut hoffnungslos war. Wahrscheinlich würde ich sie in ein paar Minuten das letzte Mal sehen und danach nie mehr genug Zeit haben oder einfach zu weit entfernt sein um sie wieder zu sehen. Wenn ich dann in dreißig, vierzig oder fünfzig Jahren das nächste Mal hier wäre, würde sie mich nicht mehr erkennen. Für Menschen war das eine sehr lange Zeit.
Ich hatte erwartet, dass ich von jemandem gerufen werden würde noch bevor wir zu Ende gefrühstückt hatten, doch am frühen Nachmittag fragte ich sie vorsichtig ob ich nicht besser gehen sollte. Ich war gerne bei ihr, aber ich wollte ihr auch nicht zur Last fallen oder auf die Nerven gehen. Schließlich hatte sie mich barmherzig bei sich aufgenommen. Aber das war ja kein Freifahrtschein bis ins nächste Jahrhundert an ihr zu kleben. ,,Nein, ich freue mich über Gesellschaft.“, sagte sie wiederholt und ein weiteres Gefühl machte sich in mir breit. Sorge. Sie schien mir sehr einsam zu sein. Und sehr unvorsichtig. Ich hätte ein Verbrecher oder gar Mörder sein können und sie hatte mich in ihre Wohnung gebracht.
,,Ich weiß nicht, ob es mir möglich sein wird. Aber falls ja, darf ich dann nach der Arbeit irgendwann mal wieder vorbeischauen?“ Sie lächelte matt. ,,Ja.“
Es dauerte mehrer Stunden, doch irgendwann spürte ich die Fesseln sich erneut schließen. Ich hatte die Zeit mir ihr sehr genossen. Die Tatsache, dass sie mich uneigennützig in ihre Wohnung eingeladen hatte, mir zugehört und mich bewirtet hatte…es hatte mich sehr berührt. Vermutlich hatte ich deswegen nun, da ich spürte wie sich mein Körper von selbst erhob, einen Kloß im Hals. Mir war klar, dass die Chancen sie jemals wieder zu sehen sehr gering waren. Und das sie mich dann noch erkennen würde, diese Chance tendierte gen null.



Cassandra saß in einem bequemen Sessel. Ihre nackten Füße genussvoll im großen Perserteppich vergraben. Die Augen geschlossen. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie allein mit der Kraft ihrer Gedanken sehen was ihr ehemaliger Freund Alexandre tat. So hatte sie auch dagesessen und ihn beobachtet, während er die Fesselspielchen der letzten Frau, die ihn gerufen hatte, erduldet hatte und danach auf der Bank neben den Geschäften der Stadt zusammengebrochen war und geweint hatte. Es hatte sie glücklich gemacht ihn leiden zu sehen. Empfinden tat sie schon lange nichts mehr für ihn. Doch, das war nicht ganz die Wahrheit. Hass empfand sie noch. Einen unbändigen Hass , dass er es gewagt hatte sie zu verlassen. Damals war sie jung gewesen.
Eine unbedarfte Junghexe von nicht mal fünfhundert Jahren. Doch ihre Wut war damals schon so gewaltig gewesen und hatte gereicht um einen Fluch heraufzubeschwören der sein ganzes Leben ruiniert hatte. Noch heute schloss sie unbändig gerne die Augen und beobachtete wie er litt, während er mit Frauen schlief die er gar nicht wollte und ebensolche Dinge tat. Die Frauen konnten seine Gedanken und Gefühle nicht sehen. Sie wollten es auch vermutlich nicht. Wenn man jemanden schon nur einmal in seinem ganzen Leben rufen konnte, wollte man doch kein Gejammer hören sondern unvergessliche Nächte erleben. Aber sie konnte seine Gedanken hören und seine Gefühle spüren. Wie er innerlich weinte, schrie und um Gnade flehte. Wie er darum bettelte, dass er sterben dürfe wie es jeder normale Mensch irgendwann tat und dadurch irgendwann von seiner Strafe befreit werden würde. Mehr als einmal hatte er nachts ihren Namen gen Himmel geschrieen und gefleht das sie den Fluch doch bitte lösen möge. Solche Momente mochte sie immer besonders. Wenn sie seine Verunsicherung spürte ob sie ihn nun hören könnte oder nicht. Wenn sie überdeutlich spürte, dass er alles tun würde um den Fluch zu brechen. Sie spielte schon seit langem mit dem Gedanken den Fluch noch etwas auszuweiten. Sie war keine unerfahrene Junghexe mehr und ihre Macht lief inzwischen viel mehr als diesen Fluch zu. Erschwerend kam hinzu, dass er in letzter Zeit seinem Leid gegenüber erstaunlich oft unbeteiligt gegenüber geworden war und eine kleine Verhärtung könnte sicher dazu beitragen das er erneut chancenlos mit seinem Schicksal rang. Entspannt schloss sie erneut die Augen, schlürfte ihren heißen Kakao und begann sich auf Alexandre zu konzentrieren. Sie sah ihn gemeinsam mit einer dünnen Frau Mitte zwanzig an einem winzigen Küchentisch sitzen. Und lachen. Wut keimte in ihr auf. Was bildete sich Alexandre ein? Glaubte er, er dürfte glücklich sein? Ungestraft lachen und bei ihr sein? Glaubte er, dass sie besser war als Cassandra? Ein unbedeutender Mensch gegen eine Hexe wie keine zweite? Dem würde sie zeigen was ein Haken war. Sie würde ihn zu sich rufen. Nur um ihm zu zeigen, das es noch jemanden gab den er anflehen konnte. Und dann würde sie dafür sorgen, dass er die Frau verabscheute.



Ich spürte wie ich aufstand. ,,Ich muss los.“ ,sagte ich bedauernd. ,,Danke.“, rief ich ihr schon fortgehend über den Rücken zu. Ich ging die Straße entlang zur U-Bahn, fuhr gut eine dreiviertel Stunde damit Richtung Süden und stieg kurz vor der Endhaltestelle aus. Seufzend rannte ich die Straße entlang zu einer Busstation und stieg dort in den ersten Bus der ankam. Etwa zwanzig Minuten später stieg ich aus. Den ganzen Weg über hatte ich kaum auf meine Umgebung geachtet. Wozu auch? Mein Körper würde mich ja eh auf dem schnellsten Weg zum Ziel bringen, ob ich nun wollte oder nicht. Doch so uninteressiert ich auch war, die Gebäude um mich herum waren faszinierend. Riesige, altehrwürdige Herrenhäuser. Ich sah mir die großen, eisernen Tore und deren Verzierungen in Form von Schnörkeln und steinernen Figuren an. Ich ging an vielen dieser Häuser vorbei und spürte wie mein Körper brütend heiß wurde. Was war hier los? Normalerweise fühlte ich mich zwar elend, weil ich wusste was mich erwartete, aber ich hatte keine körperlichen Reaktionen in diesem Ausmaß.
Ich spürte wie ich weiterging. Schneller. Spürte wie mein Herz hämmerte, mein Atem raste und ich gepeinigt stöhnte als mein Penis hochsensibel gegen meine Jeans scheuerte.
,,Oh bitte.“, stöhnte ich gequält. Ich blieb vor einem dieser Häuser stehen. Mein Körper war inzwischen viel zu sensibel, als das ich noch die Kraft gehabt hätte, die wundervollen marmornen Drachen rechts und links des Eingangs zu bewundern. Meine Knie zitterten, als sich eine beinah unerträgliche Hitze von meinem Bauch Millimeterweise abwärts ausbreitete. Ich rang nach Atem während ich weiterging. Innerlich bettelte ich darum, das die Hitze nicht dort ankommen würde wo sie eindeutig hinwollte. Ich ging die lange Auffahrt zum Haus hinauf und klingelte mit fahrigen Fingern. Die Tür schwang von alleine auf. Mir blieb keine Zeit mich zu wundern. Ich ging bereits weiter, eine Treppe hinauf. An den Wänden hingen Picassos, die parallel zum Treppengeländer die Treppe säumten. Als ich das große, in dunklem Lila gehaltene Schlafzimmer mit dem Kamin und dem goldenen Kerzenständer vor dem Fenster betrat, sah ich sie. Cassandra.
,,C…Cassandra!“, keuchte ich.
Lächelnd sah sie von ihrem Buch auf. ,,Hallo.“, sagte sie als wäre ich ein x-beliebiger Besucher.
,,Was… wieso?“
Sie lächelte sanft. Doch in den letzten zweitausend Jahren hatte ich gelernt hinter die Fassaden zu schauen und ihr lächeln war alles andere als echt. Plötzlich spürte ich das ich
mich wieder frei bewegen konnte. ,,Cassandra, bitte befrei mich von dem Fluch. Es hätte nie mit uns klappen können, nicht auf Dauer und das weißt du sicher auch.“
Plötzlich merkte ich, dass ich nichts mehr am Körper trug. Wo war meine Kleidung hin?
,,Ich gebe dir Recht.“, sagte sie zuckersüß. Ich spürte wie sich die Hitze erneut in meinem Bauch sammelte und sich langsam nach unten hin ausbreitete. Mein Penis pochte als wäre er kurz vor der Ejakulation. Ich zitterte wie ein Schlot.
,,C…c…Cassandra. Bitte!“, stöhnte ich gequält. Meine Beine schienen mich nicht mehr tragen zu wollen und mich auf das zu konzentrieren was ich wollte beziehungsweise was ich nicht wollte war in diesem Moment unsagbar schwer. 
,,Was den?“, fragte sie unschuldig.
,,H…hör auf.“
,,Du gibst mir Befehle? Mir???“
Noch bevor ich meinen eigenen Satz beendet hatte, wusste ich bereits, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte. Ich spürte wie die Hitze an ihrem Ziel ankam und ich wie unter Strom zu zucken begann. Die Erlösung? Nein. Der Druck baute sich weiter auf. Ich hielt es nur einfach nicht mehr aus, deswegen zuckte ich. Ich weiß noch, dass ich eine Menge zusammenhanglose Dinge von mir gab, wimmerte und flehte. Ich weiß auch noch wie ich unter Zwang meine Beine spreizte und etwas ziemlich dickes in meinen Hintern eindrang was mir einen hilflosen Schmerzensschrei entlockte. Irgendwann war es vorbei und ich lag völlig erschöpft und vor Schmerz und Erregung bis zum äußersten Verkrampft vor ihren Füßen.
,,Na, das ging mir aber zu schnell.“, murrte sie und ich spürte wie ich aufstand und mich auf ihr Bett legte. ,,Cassandra, bitte hör auf. Erbarme dich, es ist schon so lange her.“
,,Niemand, absolut niemand verlässt mich. Das wirst du heute Nacht lernen.“ Ihre Worte kamen so leise hervor das ich meine Ohren richtig spitzen musste um sie zu verstehen. Meine Arme und Beine langen kurz vor den jeweiligen Ecken des Bettes. Sie stand von ihrem Sessel auf und kam auf das Bett zu.
,,Mehr als entschuldigen kann ich mich nicht. Sei doch bitte vernünftig.“
,,Das sehe ich anders.“, sagte sie und zog eine kleine Schale mit einer grünlichen Paste aus ihrem Nachttisch.
,,Was soll ich tun Cassandra? Bitte, ich mache alles. Alles.“, das letzte Wort kam schluchzend hervor während ich spürte wie sie mit der Paste meinen Penis eincremte und dabei gleichzeitig mit der anderen meine Hoden knetete.
,,Alles?“
Ja, alles. Alles. ALLES! ,,Ja, alles. Oh Gott!“, schrie ich und begann mich unter ihren Händen zu winden. Obwohl ich wusste, dass ich nicht den ersehnten Orgasmus nicht bekommen und mit jeder Bewegung meine Situation sogar noch verschlimmern würde, begann ich mich soweit es mir möglich war an der Hand, die sie nun ganz sanft auf meinen Penis gelegt hatte, zu reiben. Innerlich bettelte ich darum, dass sie ihn umfassen und etwas Druck ausüben würde. Zufrieden nickte sie: ,,Da bin ich mir sicher.“ Zärtlich strich sie über meine Eichel. Wieder und wieder. Meine Lungen brannten während ich verzweifelt versuchte einen halbwegs klaren Kopf zu behalten. Sie machte immer weiter. Streichelte, liebkoste, biss, kratzte und presste meinen Körper. Welche Qualen ich in dieser Sekunde durchstehen musste kann sich kein menschliches Lebewesen vorstellen. Wenn ein Mensch beim Sex über die Grenze des erträglichen Tritt kommt es zum Orgasmus. Doch wenn man ihn nicht bekommen kann? Dann baut es sich immer und immer weiter auf bis ins Grenzenlose. Ich konnte nicht mehr klar denken, als ich mich plötzlich wieder frei bewegen konnte. Entgegen aller Vernunft griff ich nach meinem Penis, umschloss ihn mit aller Kraft die in mir war und begann ihn weinend zu reiben. Bitte, bitte ich ertrag es nicht. Aufhören. Mir waren weder die Tränen die vor Verzweifelung über meine Wangen liefen noch Cassandra bewusst, als ich immer schneller rieb. Irgendwann verließen mich auch meine letzten Kräfte und ich ließ mich wehrlos in die Kissen sinken.
,,Wie lange musste ich darauf warten diese Worte von dir zu hören? Sehr lange. Aber egal um was ich dich bitte und egal was du auch tust, du tust es nicht freiwillig. Du tust es nur weil du denkst dass es deine letzte Chance ist.“
Ich schwieg. Ich hatte nicht mehr die Kraft zu kämpfen.
,,Willst du es nicht zumindest leugnen?“
,,Du kennst meine Gedanken und Gefühle. Beides Dinge die ich nicht beeinflussen kann. Ich liebe dich nicht. Was würde mir also eine Lüge bringen, wenn du es sowieso besser weißt?“
,,Du…du!“
,,Ich weiß nicht was daran so schlimm ist. Du hast doch selbst gesagt, dass du mich auch nicht mehr liebst. Was hast du?“
Sie schrie mich mindestens eine halbe Stunde lang an. Während dessen konnte ich mich nicht bewegen, nicht sprechen, ja nicht mal verstehen was sie sagte. Nur an ihrem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass ich sie sehr verärgert hatte. Ich hatte schon fast die Hoffnung, sie jemals wieder zu verstehen, aufgegeben, als sie plötzlich mit ruhiger, hasserfüllter Stimme sagte: ,,Du liebst mich nicht? Wen könntest du den lieben? Dieses Mädchen? Sindy?“ Ich wurde bleich. Wenn Cassandra dachte, das Sindy sein wunder Punkt war, war sie in Gefahr. Egal was Cassandra sich ausdachte. Ich wollte leugnen, wollte sagen, dass mir Sindys Fürsorge, ihre Warmherzigkeit und Offenheit nicht zu Herzen gegangen waren. Das ich schon kaum noch wusste, wer sie war. Aber kein einziger Ton kam über meine Lippen und mein Gesicht schien mich verraten zu haben.
,,Ich beweise dir, dass sie nicht mehr ist als ein Mensch wie jeder andere. Das sie nur an sich denkt und nichts anderes für sie zählt.“ Das war das letzte was ich hörte, bevor alles um mich herum schwarz wurde.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf einem Fußgängerweg. Nach dem Stand der Sonne zu urteilen, war es früher Nachmittag. Mein Kopf hämmerte wie verrückt und mir wurde schnell klar, was der Grund war. Eine Kundin. Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, als ich auch schon aufstand und mich auf den Weg machte. Zwanzig Minuten im Bus, eine Straße entlang und dann noch etwa vierzig Minuten mit der Bahn. Am Anfang hatte ich mir noch nichts gedacht, doch umso länger ich unterwegs war, umso mehr kam mir von dem Gespräch mit Cassandra wieder in den Sinn und als ich aus dem Bus ausstieg und sah das ich in Sindys Straße war, war ich kaum verwundert. Meine Beine trugen mich an denselben Geschäften wie vergangene Nacht vorbei und ich klingelte. Es dauerte einen Moment, dann hörte ich das summen und öffnete die Treppenhaustür. Ich lief die wenigen Stufen bis zur ersten Etage hinauf und blieb keine zwei Meter vor Sindy stehen.
,,Hallo.“, sagte ich verlegen.
,,Hi, komm ruhig rein.“, antwortete sie prompt gut gelaunt. Ich war ziemlich verblüfft, dass ich mit ihr sprach anstatt direkt zu Sache zu kommen. Aber auch froh. Vielleicht würde sie so erbarmen haben und mich nicht als perversen abstempeln wenn es dann schließlich zur Sache ging. Und es würde losgehen, davon war ich überzeugt.
,,Ich habe dich vermisst. Ich liebe dich.“ Schockiert von meinen eigenen Worten, wäre ich am liebsten sofort fortgerannt. Stattdessen ging ich auf sie zu und küsste sie zärtlich. Verwundert sah sie mich mit großen Augen an. Dann erwiderte sie meinen Kuss. Bitte – nein, dachte ich unter ungeweinten Tränen. Cassandra erbarme dich. Nimm mir nicht diesen kleinen Zufluchtsort. Ich spürte, wie ich ihren Hintern umfasste und sie ins Wohnzimmer aufs Bett schob. Hörte wie sie leise seufzte, während ich ihr Hose und Hemd auszog und den Rest regelrecht vom Körper riss. Dann schob ich meine Hand zwischen ihre Beine und rieb ihre Klitoris bis sie erstickt aufschrie und hilflos in meinen Armen zuckte. Es hatte keine zwei Minuten gedauert bis sie zum Orgasmus gekommen war. Ohne mich. Niedergeschlagen ließ ich den Kopf hängen. ,,Alexandre. Alles in Ordnung?“
,,Ja, nein, ich… sollte gehen.“
,,Wieso?“, dieses eine Wort verwirrte mich so sehr wie noch nie etwas zuvor. Bisher hatte noch keine Frau gewollt, dass ich hinterher blieb. Nicht eine einzige. Sie hatten mich alle wissentlich gerufen und nach dem Orgasmus war es das natürlichste der Welt gewesen, das ich ging. ,,Hast du inzwischen ein Hotel?“ Musst du die Stadt verlassen? Wenn nicht bleib doch ruhig. Wir tun einfach so als wäre nichts geschehen, wenn du magst.“ Ich wurde feuerrot. Auch nach dem Sex wollte sie mich bei sich haben? Oh man.

,,Das war gestern… ungewöhnlich. Tut mir Leid. Wir wollten die Sache ja ignorieren, aber kannst du mir bitte wenigstens sagen warum du gestern so… na ja.“, verlegen zuckte sie mit den Schultern. Ich überlegte. Sollte ich es ihr erzählen? Vermutlich würde sie mich für verrückt erklären, wenn ich ihr die Wahrheit gestand. Aber nach der Aktion gestern hatte sie die Wahrheit verdient. Und es war ja nicht so als wäre es das bestgehütete Geheimnis der Stadt. Danach zu urteilen wie oft ich gerufen wurde, wussten genug Frauen über mich bescheid.
,,Ich bin so was wie ein Jinny. Ich bin mehr als zweitausend Jahre alt. Wenn Frauen nachts dreimal meinen Namen sagen habe ich keine andere Wahl als umgehend zu ihnen zu gehen. Ich…“, meine Stimme stockte. Ich wusste es. Ich würde sie verlieren wenn ich es aussprach. Was auch sonst. ,,Und du befriedigst sie nach allen Regeln der Kunst?“, fragte sie unsicher. ,,Woher weißt du das?“ Sie erblich. ,,Du sagtest eben die Frauen würden dich nachts rufen. Das ist ja schon ziemlich… na ja. Und dann meintest du mal, dass du auch schon blasen musstest bei der Arbeit, aber… es war eigentlich nur eine spaßige Aussage.“ Ich wurde feuerrot. ,,Das…“ Sie lächelte, doch als die merkte wie beschämt ich war hörte sie sofort damit auf. ,,Das gestern… tut mir Leid.“ Bei meinen Worten wurde sie blass. ,,Du… wolltest das gestern gar nicht. Du… musstest… es tun. Und deine Worte…“ Ich sah den Schmerz überdeutlich in ihren schönen grauen Augen. Am liebsten hätte ich gelogen um sie nicht zu kränken, aber die Situation war schon ohne Lügengebilde kompliziert genug. ,,Ja…entschuldige. Wenn es dir jetzt doch lieber ist das ich… gehe…“,,Entschuldige, du bist mir gerade mindestens drei Schritte voraus. Ein Jinny? Ein echter Jinny?“, ich schluckte. ,,Kannst du das beweisen?“ Ich wurde feuerrot. Aber mir hätte klar sein müssen, dass man so eine Information nicht einfach so schluckte. Ich stöhnte gequält. ,,Wünsch dir etwas, aber sprich es nicht aus.“ Verwirrt sah sie mich an, überlegte einen Moment und schon spürte ich wie ich wehrlos dazu gezwungen war ins Badezimmer zu gehen und… eine Bodycreme zu holen. Ich hatte schon damit gerechnet, dass ich sie damit eincremen soll aber stattdessen drückte ich sie ihr nur brav in die Hand. Sie, inzwischen blass geworden, sah mich wie ein Fisch mit offenem Mund an. Dann sagte sie bemüht ruhig: ,,Du musstest mit mir schlafen obwohl du gar nicht wolltest. Nicht ich. Es ist zwar… ganz sicher kein Kompliment, aber ich sollte eher dich fragen ob dir meine Gegenwart nun unangenehm ist. Es tut mir Leid, dass ich nicht gemerkt habe, dass du dazu gezwungen warst.“ Nach einigen Stunden hatte sich die Situation etwas aufgelockert und ich erklärte ihr die Regeln und alles drum herum. ,,Ich kann von jeder Person nur einmal im Leben gerufen werden, bei derjenigen bleibe ich dann maximal eine Woche. Ich lese ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Wenn sie einen Wunsch hat, spüre ich ihn und handele genau so wie sie es sich wünscht. Während der Zeit bewegt sich mein Körper automatisch. Ich kann es nicht verhindern.“ ,,Das… ist ja schlimm. Du tust immer das was die Frauen wollen? Alles?“ Misstrauisch nickte ich. ,,Ja, wieso?“ ,,Hm…fand das nie eine doof?“ Ich sah sie an, als wären ihr plötzlich zwei neue Köpfe gewachsen. ,,Wieso denkst du es könnte einer nicht gefallen wenn man ihr jeden noch so geheimen Wunsch von den Augen abliest?“ ,,Weil es… auf Dauer doch langweilig sein muss. Nie etwas neues, spannendes, mit dem man gar nicht rechnet. Nie ein wenig unsanft angefasst werden oder einfach dem Partner die Führung überlassen… nie geben können.“ Ich sah sie verunsichert an. Vermutlich hatte sie Recht. Aber der Gedanke, sie könnte denken er wäre ne Niete im Bett ließ in ihm das Verlangen Hochkochen ihr das Gegenteil zu beweisen. ,,Ich…Soll ich dir zeigen wie schön es mit mir ist?“ ,,Nein… ich will nicht, dass du es wieder gegen deinen Willen tust. Nicht solange der Fluch nicht gebrochen ist.“,,…was???“ ,,Ich helfe dir ihn zu brechen. Wir finden einen Weg.“

Ich war strickt dagegen, dass sie mir helfen wollte den Fluch zu brechen. Doch egal was ich auch sagte oder tat, sie wich nicht von meiner Seite. Zugegebenermaßen, es war ziemlich praktisch sie an meiner Seite zu haben. Ich hatte nie die Muse gehabt nach Cassandra zu suchen, da ständig Frauen dazwischenkamen und ich so nie das tun konnte was ich wollte. Außerdem musste ich mich nicht darum ein Dach über dem Kopf zu haben, den während ich meinen Job tat suchte sie ein Hotel, bezog es für uns, setzte ihre Recherchen fort und tröstete mich wenn ich zu ihr zurückkehrte. Zugegebenermaßen war Trost seitdem sie mich so eifrig unterstützte nicht mehr allzu oft nötig.
,,Nein und noch mal nein. Nein!“, schrie ich sie an. ,,Du wirst nicht zu Cassandra gehen. Sie hat Zauberkräfte. Wer weiß was sie dir antut. Du bist ein Mensch, vergiss das nicht. Ich werde nicht zulassen das du dieses Risiko auf dich nimmst.“ ,,Es ist die einzige Spur die wir haben. Verflucht noch mal, wie soll ich dir den sonst helfen?“ ,,Nicht so, ich verbiete es dir!“ Damit hatte ich einen wunden Punkt getroffen und ich wusste es sofort. ,,Und was willst du dagegen tun? Spätestens wenn sich der Fluch wieder bemerkbar macht und du deswegen fort musst, kann ich auch hinaus.“ Da hatte sie nicht Unrecht. Verdammt. ,,Sindy… ich will dich nicht verlieren. Verstehst du das nicht? Jemanden zu haben der mir beistehst ist etwas völlig neues für mich. Und ich will das nicht verlieren.“ Etwas besänftigt sagte sie: ,,Hör mal. Ich weiß, dass du Angst hast. Die habe ich auch. Aber du wirst vermutlich nächstes Mal noch weiter fort müssen und nicht genügend Zeit haben zurückzukommen bevor der Fluch dich wieder fortreißt. Ich werde vorsichtig sein. Das verspreche ich dir. Okay?“ ,,Nein! Aber du tust ja doch was du willst.“ Für einen Augenblick konnte ich nicht mehr klar denken. Der Gedanke sie verlieren zu können und nichts dagegen tun  zu können, war mehr als ich ertragen konnte. Ich riss sie mit aller Kraft in meine Arme und drückte ihren Körper an meinen. ,,Wir kennen uns kaum vier Tage, aber ich denke du weißt was ich sagen will. Wenn dir etwas passiert verzeihe ich mir das nie.“ Sie lächelte. ,,Ich weiß.“

Ich ging zu dem Haus von Cassandra und klingelte. Den Weg hatte Alexandre mir widerwillig, aber genau, beschrieben. Nun stand ich vor ihrer Tür und mein Herz klopfte wie ein Presslufthammer. Es war gut möglich, dass Alexandres Zukunft von meinen nächsten Worten und den nächsten Minuten abhingen. Tapfer atmete ich tief ein und betrat das Haus. Ich wurde blass. Kaum hatte ich das Haus betreten konnte ich mich nicht mehr bewegen. Ich stand geschlagene zehn Minuten da und zitterte und wimmerte vor Angst. Alexandre hatte mir zwar gesagt, dass er nur das tun konnte was die jeweiligen Frauen wollten, aber das das so wörtlich zu nehmen war, schockierte mich. Plötzlich setzten sich meine Beine in Bewegung. Gingen durch einen großen Flur mit tiefroten Wänden. Der Flur endete in einer modernen Küche mit gefliestem Boden, einem Elektroherd mit Edelstahlplatte und den modernsten Geräten. Erst auf den zweiten Blick fiel mir auf, dass nicht wirklich alle Zutaten alltäglich waren. Was genau konnte ich aus der Entfernung nicht sagen, mal davon abgesehen das es mir zu grausig war genauer hinzusehen. ,,Du bist vermutlich wegen Alexandre hier und willst das ich seinen Fluch auflöse?“ ,,Ja, das  will ich.“ Ich versuchte mehr zu sagen, wollte an ihre Menschlichkeit und ihr Ehrgefühl appellieren, doch kein Wort kam über meine Lippen. ,,Warum sollte ich den Fluch lösen? Was bietest du mir dafür? Schmerzen?“ Sie ging zum Herd und schaltete ihn an. Bevor ich merkte was los war, legte ich bereits meine Hand auf die immer heißer werdende Platte. Ich konnte nichts sagen, mich nicht bewegen. Nach etwa einer halben Minute war die Platte so heiß, dass ich am liebsten Ohnmächtig geworden wäre. Meine Hand brannte wie Feuer und innerlich schrie ich mir die Seele aus dem Leib. Endlich schaltete sie den Herd aus und ich konnte meine Hand fortziehen.  ,,Oder gibst du mir dafür absoluten Gehorsam?““ Ich ging zu einem Küchenschrank und nahm ein Glas mit einer großen, lebenden Spinne heraus. Ich spürte mein rasendes Herz. Ich hatte eine Spinnenphobie. Ohnmächtig vor Angst spürte ich, wie ich wie ich den Deckel abschraubte und sie herausnahm. Ich steckte sie mir in den Mund und aß sie bevor ich den Deckel wieder zuschraubte und ihn zurückstellte. Ich spürte, dass ich mich wieder frei bewegen konnte und brach zitternd auf dem Boden zusammen. Die verbrannte Hand  mit meiner anderen schützend und mich haltlos übergebend.  ,,Du siehst, ich kann mir von dir nehmen was ich will. Und dennoch brauche ich dir keine Gegenleistung dafür zu geben. Was denkst du, kannst du, ein jämmerlicher Mensch, mir, einer fast dreitausend Jahre alten Hexe, bieten?“ Mir wurde schwarz vor Augen.

,,Sindy, Sindy!“ Alles um mich herum war dunkel. Nur sehr langsam drang die Stimme in mein Bewusstsein vor. Es war Alexandre. Er mich sanft im Arm. ,,Was ist passiert? Verflucht nochmal sag was!“ Kaum war ich wieder wach, wand ich mich mit letzter Kraft aus seiner Umarmung, umklammerte weinend meine Hand und erbrach den Rest der Spinne. Erst nach wenigen Minuten nahm ich wahr, dass ich splitterfasernackt auf den kalten Fliesen der Küche, in meiner Wohnung, lag. Immer wieder wenn ich an die Spinne dachte begann ich zitternd zu würgen und mich zu übergeben. ,,Steh auf.“, sagte er leise. Vorsichtig aber dennoch mit unglaublicher Kraft zog er mich auf die Beine und wickelte mich in eine dicke Decke. Kurz bevor ich mich erneut übergeben musste hielt ich einen Eimer in der Hand und wurde fest auf meine Couch gedrückt. Während ich mich weiter übergab, cremte Alexandre zärtlich meine verbrannte Handfläche ein. ,,Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass du dorthin gehst. Es war doch klar, dass es nicht klappt. Was sollte ein Mensch schon gegen Cassandra ausrichten können?! Ich bin so dumm…“ Ich wollte ihm widersprechen, aber ich war zu schwach um etwas anderes zu tun außer völlig entkräftigt dazusitzen und gelegentlich zu würgen. ,,Was tust du?“, fragte ich schwach als ich bemerkte, dass Alexandre sich anzog. Ohne mich anzusehen sagte er: ,,Ich muss zu ihr. Zu Cassandra.“ Blass nickte ich: ,,Gib mir fünf Minuten.“ ,,Nein, du bleibst hier.“ ,,Nein.“ Sagte ich mit schon kräftigerer Stimme. Wütend drückte er mich an die Wand. ,,Bei Cassandra bin ich genauso hilflos wie du. Ich kann dich nicht schützen. Willst du noch so einen Snack?“ Das bisschen Farbe was seit dem Ausflug  zurückgekehrt war, verschwand bei seinen Worten wieder. ,,Ich… lasse dich nicht alleine gehen.“ Traurig schüttelte er den Kopf und nickte dann. ,,Okay:“
Während des Weges zu ihr hielten wir uns gemeinsam an der Hand. Ich konnte nicht ohne zu lügen sagen, dass ich keine Angst hatte, genauso wenig wie sie. Also sagten wir es auch nicht. Und versuchten uns einfach mit der Anwesenheit des anderen zu beruhigen. Ich war ziemlich verwirrt, dass keine Frauen mehr nach mir riefen. Vielleicht wollte Cassandra sehen was wir tun und hatte es deswegen so eingefädelt, dass ich mich im Moment frei bewegen konnte. Sicher wusste ich das natürlich nicht, aber es scherte mich auch nicht. Ich war einfach nur froh, dass ich Sindy an meiner Seite hatte und wir gemeinsam diesen Kampf kämpften. War einfach nur froh nicht alleine zu sein. Vor Cassandras Haus blieben wir stehen. Ich spürte das zittern von Sindys Hand, von ihrem ganzen Körper, und wusste was es sie für Kraft und Mut kosten musste hierher zurückzukehren. Sanft beugte ich mich zu ihr hinunter und küsste sie zärtlich. Sie rückte ein Stück von mir ab. ,,Machst du das… freiwillig?“ Ich lachte leise. ,,Ja.“
Nun lachte auch sie und zog meinen Kopf erneut zu einem sanften Kuss zu sich hinunter. Der angenehme Teil war nun vorbei und das wussten wir beide. Wortlos klingelte ich. Keiner öffnete. Nach weiteren zehn Minuten öffnete ich die Tür einfach selbst. Sprachlos blickte Sindy mich an. ,,Wie…hast du…?“ Ich lachte. ,,Naja, wenn man Frauen ihre geheimsten Wünsche erfüllt, muss man doch irgendwie hinein, oder? Ich habe noch andere Fähigkeiten.“ Doch bevor sie näher nachfragen konnte, betraten wir bereits das Haus und sahen uns um. ,,Irgendetwas ist merkwürdig.“ ,flüsterte Sindy. Wir gingen so leise wie möglich an ihrer Couch entlang. Sindy wich blass ein paar Meter zurück doch ich hatte sofort begriffen was falsch war. ,,Sie ist tot.“, sagte ich tonlos. ,,A…aber sie…“ Obwohl ich nicht glaubte mich in dem Fall zu irren, tastete ich nach ihrem Puls. Nicht vorhanden. Ein Brief lag neben ihr auf dem Couchtisch. Von Cassandra für Alexandre stand in Schönschrift drauf. Ich öffnete ihn und las:

Lieber Alexandre,
wenn du das hier liest werde ich tot vor dir liegen.
Ich bin fest davon ausgegangen dass du, wenn ich dich nur lange genug quälen würde, anfangen würdest mich zu lieben – bis zu jenem Tag an dem ich dich mit dieser Ziege am Esstisch sitzen und lachen sah. Deine Liebe kann ich nicht erzwingen, aber dein Leben kann ich zerstören.
Und genau das werde ich tun, indem ich sterbe. Mit mir ist die letzte Person von diesem Planeten verschwunden, die fähig wäre deinen Fluch zu brechen.

Lebe für immer und lebe ohne Hoffnung.
Cassandra.

Alexandres Gesicht hatte alle Farbe verloren und am ganzen Leib zitternd sank er auf einen Sessel gegenüber der Couch. Schnell nahm ich den Brief selbst in die Hand und las. Zum Schluss zog ich ihn sanft an meine Brust. ,,Wir geben nicht auf! Das verspreche ich dir. Alles wird gut. Was ist den eine Geschichte ohne Happy End?“ Er antwortete nicht, schmiegte sich nur zitternd an mich und begann leise zu weinen.

Wir gingen wieder nach Hause. Zu Ihr. Keiner von uns sagte ein Wort. Sie fragte mich nur kurz ob ich es freiwillig tat und als ich leise ,,Ja“, antwortete krochen wir gemeinsam in ihr Bett und begannen uns zärtlich zu streicheln, zu küssen, zu lieben…
Danach zog ich sie sanft in meine Arme und streichelte sie weiter. Plötzlich begann sie zu lachen und sich zu winden. Verwirrt löste ich mich von ihr und sah sie verunsichert an. ,,Alles okay?“ ,,Ja.“, keuchte sie. ,,Du hast mich nur gekitzelt.“ ,,Das kann nicht sein.“ ,,Hm…?“, gähnte sie. ,,Ich kann dich nicht gekitzelt haben. Selbst wenn ich mit jemand freiwillig schlafe spüre ich… ganz genau was diejenige will. Es…es ist weg. Es ist weg!“ Langsam erwachte Sindy aus ihrem Halbschlaf und sah mich müde an. ,,Was ist den?“ Ich drehte sie auf den Rücken und blickte ihr fest in die Augen. ,,Sindy, was hast du gedacht?“ Nun schien ich sie völlig verwirrt zu haben. Aber ich konnte mich nicht beruhigen. Vor Aufregung zitternd fragte ich noch mal: ,,Was hast du gedacht während wir Sex hatten? Bitte, versuch dich zu erinnern!“
,,Hm…ich glaub ich hab gedacht… wie schön deine Geschichtszüge im dunkeln sind.“, sagte sie unfähig mich dabei anzusehen. Ich lächelte. ,,Danke. Aber… bestimmt noch mehr. Oder???“ ,,Naja, ich fand es schade, dass du immer nur dass tun kannst was ich  will und mir nie sagen und tun kannst was du möchtest. Ich dachte, dass ich den Fluch brechen will damit es irgendwann anders ist. Und… ich… dachte das ich dich liebe.“
Mir wurde warm ums Herz, als ich ihre zittrige Stimme hörte. Die Arme hatte die letzten Worte kaum über die Lippen bekommen. ,,Du hast meinen Fluch gebrochen!“ ,,Was?“ ,,Dadurch das du dir gewünscht hast, dass ich tun kann was ich will, ist genau das passiert. Ich erzählte dir doch, dass während des Sex immer das passiert was die jeweilige Frau will.“ ,,Warum hast du mir das nicht früher gesagt? Wir hätten uns das alles ersparen können!“ ,,Ich wusste es nicht. Ich dachte das betrifft nur Dinge, die ich selbst möglich machen kann. Aber selbst wenn, ein Mensch kann nie steuern was er sich von Herzen wünscht und was nicht. Und durch das Gefühl es sich wünschen zu müssen, wäre es vielleicht auch gar nicht passiert. Du hast mich gerettet. Übrigens: Ich liebe dich auch!“ Mit diesen Worten zog er mich fest an sich und küsste mich bis ich nach Atem rang.

,,Was passiert nun mit dir, wo der Fluch gebrochen ist?“ ,,Ich kann tun und lassen was ich will. Ich bin nun, endlich wieder, ein Mensch. Mit einer menschlichen Lebensspanne, menschlichen Wünschen und Bedürfnissen und einer unvergleichlichen Frau an meiner Seite!“

(c) Nadine Markowitz

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