Donnerstag, 12. Juli 2012

[Story] Meine Heimat

,,Beeilung, Beeilung. Uns bleiben nur drei Wochen. Abladen, aufbauen. In zwei Stunden abmarschbereit vor meinem Zelt!“
Über die beinah fünf Jahre, die ich nun schon Expeditionen an den entlegensten und ungewöhnlichsten Orten der Erde leitete, waren mir solche Kommandos in Fleisch und Blut übergegangen. Niemand, nicht mal ich, zweifelte meine Autorität an. Von meinen Leuten wurde ich hinter meinem Rücken Alpha-Rüde genannt. Ein Name den ich offiziell zu unterbinden versuchte, über den ich mich aber insgeheim freute, den Alpha-Rüde bedeutete nichts anderes als Boss.
Mit geübten Bewegungen trug ich mein Gepäck die letzten Meter, legte sie ab und begann mit dem Aufbau des kleinen Zeltes. Ich hatte mein eigenes Zelt. Ein Luxus der außer mir niemandem zu teil wurde. Um keine Zwietracht zu sähen bemühte ich mich zwar möglichst keinen Unterschied zwischen mir und meinen Leuten zu machen, doch ein eigenes Zelt – und sei es noch so klein – war für mich eine Notwendigkeit. Diese Rückzugsmöglichkeit war einfach ein muss. Ein kleiner Platz an dem ich auch mal erschöpft, schwach oder geknickt sein durfte.
Als das Zelt aufgestellt, meine Trinkflasche aufgefüllt und ich umgezogen war, warf ich einen kurzen Blick über unser Lager. In rasantem Tempo war das große Gemeinschaftszelt, sowie die kleinen Bauten für Werkzeug und sonstiges Material und die Kochstelle aufgebaut worden.
Während ich darauf wartete das sich meine Männer vor seinem Zelt sammelten, wanderte mein Blick über die Bäume, groß, dick und ineinander übergreifend, so dass sie schon wenige Meter im Wald jegliches Licht verschluckten. In der Ferne ragten zwei Felsen auf. Es war eine kleine Inselkette auf der wir uns befanden. Wobei klein wohl im Auge des Betrachters liegen mag. Mitten im Meer lag sie. Meinen Recherchen zufolge musste irgendwo hier eine mehrere hundert Kilo schwere Goldstatur sein. Wenn wir sie finden würden, würde keiner von uns je wieder Geldsorgen haben.
Als die Männer vor mir versammelt waren stöhnte ich innerlich. Normalerweise war auf sie verlass, doch die Anstrengungen der letzten Tage hatten deutliche Spuren hinterlassen. Hängende Schultern, tiefe Augenringe und gereizte Gemüter. Von dem nicht vorhanden sein der notwendigsten Ausrüstung für eine Erkundung eines unbekannten Gebietes mal ganz abgesehen.
,,Okay. Ihr seit Wracks. Allesamt. Essen, schlafen, Morgen um sieben Uhr früh wieder hier. Pünktlich!“ Heute kein Gewaltmarsch mehr. Nicht für sie. Die Männer wandten sich erleichtert ab während ich erschöpft meinen Rucksack schulterte, meine Taschenlampe anschaltete und mich auf den Weg in den Dschungel machte.


Eine ganze Weile marschierte ich stur nach Norden. Die Bäume wurden dichter und selbst mit der Taschenlampe sah ich eher schlecht als recht den nächsten Meter. Eine Baumwurzel ließ mich stürzen und meinen Kompass verlieren. Ich leuchtete minutenlang den Boden ab, vergeblich. Der Kompass war verschwunden. Nach einem letzten hoffnungsleeren Blick auf den Boden setzte ich mich erneut in Bewegung. Ich war mir nicht sicher von wo ich gekommen war und wusste deshalb auch nicht in welche Richtung ich nun ging.
Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz in der Wade und fluchte unterdrückt. Ich blickte zu Boden auf dem ich jedoch nichts als Dunkelheit sah. Doch das machte nichts. Sowohl das rascheln des Laubes als auch Schwindel und Übelkeit die mich plötzlich erfassten sagten mir, dass es eine Schlange gewesen war. Giftig. Ich sank stöhnend auf den Boden und begann zu zittern. Mir wurde kalt und zugleich brütend heiß. Magenkrämpfe, ein Schwindelgefühl was mich gnadenlos zu Boden drückte und würgen ließ und – am schlimmsten – mein Herz, das wie Feuer brannte und wie ein Presslufthammer, viel zu schnell, schlug, so dass ich nichts anderes mehr hören konnte.
Als ich mir schon sicher war sterben zu müssen, spürte ich eine kühle Hand auf meiner Stirn. Ich öffnete kraftlos meine Augen und sah ein junges Mädchen das zu mir hinabsah.
Wer jetzt an ein die makellosen Sixpack- und 90-60-90-Modells von Tarzan und co denkt liegt weit daneben. Narben, Kratzer, Dreck und Blut zierten ihren Körper und die ungebändigte, vor Dreck starre Mähne ihres Haares. Einen Moment verlor ich mich in ihren tiefbraunen Augen bevor mich die Realität zurück in ihre Fänge holte.
Hilflos zitternd erbrach ich mich und presste mir mit aller Kraft eine Hand auf meine brennende Herzgegend. ,,Hilf mir.“, flehte ich gequält. Verschwommen sah ich zu wie sie der Schlange mit einem spitzen Stein den Bauch aufschnitt und eine Blase aus ihrem Körper holte. Dann zerrte sie mir meinen Rucksack vom Rücken und versuchte ihn zu öffnen. Inzwischen überstiegen die Schmerzen alles was ich jemals erlebt hatte und wimmerte unter Tränen: ,,Nimm was immer du willst, aber bitte hilf mir!“ Mit fahrigen Fingern öffnete ich ihr schnell den Rucksack bevor ich mich mit geschlossenen Augen wieder zurücksinken ließ. ,,Bitte, lass mich nicht allein.“, flüsterte ich leise.
Das Mädchen blickte mich eine Weile stumm an bevor sie kurzerhand meinen Rucksack nahm, ihn auf links drehte und alles hinausfallen ließ. Einen kleinen Erfolgslaut ausstoßend, ergriff sie eine kleine Holzschale. Sie ließ den Inhalt der Blase in die Schüssel laufen, schmiss irgendwelches Grünzeug hinterher und zerstampfte alles mit einem Stein zu einem Brei. Als sie ihn mir einflösste krümmte ich mich und versuchte ihn auszuspucken. Doch mit bloßer Gewalt hielt sie mir den Mund und die Nase zu bis ich widerwillig schluckte. Was auch immer sie mir zusammengemischt hatte, es zeigte Wirkung. Meine Schmerzen ließen nach und ich sank in einen tiefen Schlaf.

Als ich wieder erwachte war mir eiskalt. Erschöpft schlug ich die Augen auf und sah mich um. Es war erstaunlich hell. Licht flutete die Bäume und schaffte ein kleines Paradies der Farben. Ich blickte mich eine Weile schweigend um. Einige Meter von mir entfernt hockte sie. Durch meine Bewegung aufmerksam geworden kam sie zu mir und zog mich auf die Beine. Diese konnte ich nur mit Mühe daran hindern nicht einzuknicken. Plötzlich stellte ich fest, dass ich völlig nackt war. Ebenso wie sie. ,,Was ist mit meinen Klamotten?“, keuchte ich entsetzt. Sie blickte mich verständnislos an bis ich an mir hinabdeutete. Ihr Blick folgte der Bewegung meiner Hände und verweilte an einigen Stellen einen Moment länger als nötig gewesen wäre. Dann deutete sie durchs dichte Gestrüpp. Ich war schon dabei ihrer Wegangabe zu folgen, als sie nach meinem Arm griff und mich damit zum stehen brachte. Keine Sekunde zu früh, den, wie ich nun sah, herrschte keinen Meter weiter eine gähnende leere. Ein sehr tiefer Abgrund in den ich fast gestürzt wäre. Ich wich erschrocken einen Schritt zurück. ,,Eine Warnung wäre nett gewesen!“, zickte ich sie an, während ich in den Abgrund starrte. Dann entdeckte ich tief unten in der Schlucht einen wage bekannten umriss. Meinen Rucksack. Meine Kleidung.
,,Bist du irre? Ich brauche das Zeug doch noch!“, schnauzte ich sie wütend an. Unbeeindruckt ergriff sie meine Hand und zog mich scheinbar endlos hinter sich her. Die Giftreste ließen mich immer wieder taumeln und stürzen doch sie zog mich unerbittlich weiter. Erst als wir an einen kleinen Teich ankamen, hielt sie kurz an. Sie machte eine weit ausholende Bewegung, dann deutete sie auf ihre Nase und letztlich auf mich. Als ich sie nur verständnislos ansah stöhnte sie leise und schubste mich kurzerhand ins Wasser. Ich beobachtete wie sie ebenfalls ins Wasser stieg und sich wusch. Ich kam mir zwar nicht sonderlich dreckig vor, dennoch fügte ich mich in mein Schicksal und begann mich zu waschen. Sie stieg aus dem Wasser und begann sich mit einer dicken Schlammschicht einzureiben. Danach war ich dran bevor sie mich einen großen Baum hinauf zwang. Ich hatte es längst aufgegeben sie verstehen zu wollen und gehorchte nur wortlos. Normalerweise war ich gut trainiert und einen Baum hochzuklettern machte mir nicht viele Probleme, doch als ich nun mit Giftresten im Blut und splitterfasernackt, ohne Körperschutz den Baum hinauf musste, ja, da hatte ich gewisse Probleme. Oben angekommen überließ sie mir einen großen Ast direkt am Hauptstamm auf de man es sich gut bequem machen konnte und krabbelte selbst ein Stück den Ast entlang und machte es sich an einer, eher ungemütlich aussehenden, Stelle bequem.
Meine Haut juckte und ich fror durch den Schlamm. Dennoch schlief ich durch die Anstrengungen des Tages schnell ein. Stunden später weckte mich ein rascheln tief unter uns. Es war noch immer hell und so leicht auszumachen um was es sich handelte. Tiger! Erschrocken starrte ich nach unten und wollte schon das Mädchen wecken und warnen als ich begriff. Sie hatte es gewusst. Deswegen die Kleidung entsorgen, die so sehr nach Mensch roch. Deswegen den Geruch überdecken. Ich war beruhigt. Dennoch machten mich die Tiger unter uns so nervös, dass ich mich fester als nötig an einem Ast festhielt und die restliche Zeit keinen Schlaf mehr fand. Irgendwann bewegte das Mädchen sich. ,,Aufstehen. Sie sind vorbeigezogen. Ich bringe dich jetzt zu deinen Leuten zurück.“ Verblüfft sah ich sie an. ,,D,,,du verstehst mich? Wieso hast du nichts gesagt?“ Doch ich bekam keine Antwort und nur Schweigen auf meine Frage. Mühsam kletterten wir den Baum hinab und sie führte mich schnellen, sicheren Schrittes zurück zu unserem Lager.

Als mein Lager in Sichtweite kam ließ sie sich zögernd zurückfallen. ,,Was ist? Komm doch.“, sagte ich munter, froh wieder einen bekannten Ort zu sehen. Sie blickte mir lange in die Augen bevor sie vorsichtig einen Schritt auf mich zumachte und wir gemeinsam das Lager betraten. Wir wurden nahezu sofort entdeckt und von meinen Leuten umringt die mich mit Fragen, was mir passiert war und wohin meine Kleidung war, bombardierten.
Ich wusste, dass sie mir nicht vertraute, doch als ihr alle so nah kamen und sie anstarrten wählte sie das kleinere von zwei Übeln und schmiegte sich zitternd an meinen Rücken.
,,Wer ist sie? Was ist passiert? Bist du verletzt? Wo sind deine Klamotten?“, prasselten die Fragen auf uns nieder. ,,Ich werde euch das alles später erzählen. Bitte verschwindet in eure Zelte und schlaft. Wir müssen Morgen fit sein.“ Als alle fort waren, führte ich sie in mein Zelt. Ich wusste nicht, was ich noch von ihr wollte. Ich war ja wieder zurück im Lager. Doch alles in mir sträubte sich dagegen sie gehen zu lassen. Durch die körperlichen Anstrengungen des letzten Tages und die Nachwirkungen des Giftes drohten mir bereits wieder die Augen zuzufallen. Ich schüttelte den Kopf um wieder etwas wacher zu werden und murmelte: ,,Ich bin Alexander, kurz Alex. Und du?“ Stumm sah sie mich an. ,,Nun komm schon. Ich weiß das du mich verstehst! Bricht dir ein Zacken aus der Krone, wenn du mir deinen Namen verrätst?“, neckte ich sie. ,,Rina“, flüsterte sie leise. ,,Du hast mir das Leben gerettet, Rina.
Danke.“ Sie nickte. ,,Warum lebst du hier? Wieso verstehst du mich? Was ist mit deiner Familie?“ Tränen traten in ihre Augen und sie stand rasch auf. ,,Ich gehe.“, sagte sie mit unnatürlich hoher Stimme. Ich stand ebenfalls auf, doch sie war bereits aus der Tür. Ich eilte ihr nach und sah Rina, die stumm versuchte sich aus dem eisernen Griff meines Vorgesetzten zu befreien. Eine Hand in ihren Haaren, die andere auf ihrem Rücken, drückte er sie in eine sehr unangenehme Position. Ich war meinen Vorgesetzten gehorsamst ergeben und hatte nie Zweifel an der Richtigkeit gehabt, doch nun war mir alles andere als Wohl bei dem Anblick der wehrlosen Rina.
,,Alexander“, sagte mein Vorgesetzter streng. ,,Ich habe mir überlegt das der Urwald zu groß ist um ihn allein mit deiner kleinen Gruppe zu durchsuchen. Ich werde das Kommando nun wieder übernehmen. Wer ist diese junge Dame?“ Noch bevor ich mir überlegen konnte wie ich antworten sollte, übernahm die Antwort mein wohl strebsamster Mann: ,,Eine wilde die Alexander aus dem Wald. Sie scheint uns verstehen zu können.“ Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, widersprach jedoch nicht. ,,Ist das so?“, sagte mein Vorgesetzter mit einem verschlagenen Lächeln auf dem Gesicht und beäugte Rina nun etwas genauer. ,,Du kennst dich hier doch sicherlich hervorragend aus, oder? Du kennst hier doch garantiert jeden Winkel und weißt ganz genau wo das Gold ist. Also?“ Trotz mehrmaliger Aufforderung antwortete Rina nicht bis es meinem Vorgesetzten letztendlich zu bunt wurde und er befahl sie einzusperren. Rina wehrte sich mit aller Kraft, doch gegen drei Männer, von denen jeder einzelne mehr wog als sie, hatte sie keine Chance. Gnadenlos sperrten sie sie in einen Käfig den sie in die pralle Sonne des Strandes stellten. Mein Vorgesetzter gab noch den kurzen Befehl: ,,Kein Wasser, kein Essen bis auf weiteres.“, dann war die Sache für ihn erledigt.

Mehrmals täglich ging ich zu ihr um nach ihr zu sehen. Sie würdigte mich keines Blickes. Nach zwei Tagen war ihre ganze Haut knallrot vom Sonnenbrand. Ihren knurrenden Magen und ihr krampfhaftes, trockenes Schlucken konnte ich immer hören, ob ich nun in ihrer Nähe war oder nicht. ,,Rina, es tut mir so Leid!“, murmelte ich am Morgen des dritten Tages. Ich hatte seit zwei Stunden nichts getrunken und schon jetzt fühlte sich meine Kehle durch die Hitze furchtbar trocken an. ,,Verschiwinde.“, wimmerte sie leise. ,,Ihr werdet nichts von mir erfahren!“ Ich lächelte. Eine kleine Kämpfernatur. Wie passt so ein großer Wille bloß in so einen kleinen Körper? ,,Okay. Aber gibt es nichts anderes über das du gerne reden würdest? Ich kann mir gar nicht vorstellen wie es sein muss niemanden zu haben mit dem man reden kann und jeden Tag hier um sein Leben kämpfen zu müssen.“ Sie schwieg, dann: ,,Dich interessiert nur das Gold. Ich lass mich nicht von dir einwickeln.“, sagte sie um eine feste Stimme bemüht. ,,Ja, das Gold interessiert mich sehr. Doch was hätte ich davon etwas zu erfragen was mich nicht interessiert?“ Ich wartete eine Weile und wollte bereits wieder gehen, als endlich schwerfällig Worte über ihre Lippen kamen: ,,Wir waren mit einem Schiff unterwegs, als wir in einen Sturm gerieten. Unser Schiff wurde zerstört. Die, die nicht wie mein Bruder ertranken strandeten hier.“ ,,Wann war das?“, fragte ich geschockt. ,,Vor etwa 15 Jahren. Ich war damals 7.“ Sie begann leise zu weinen. Sanft berührte ich durch das Eisengitter ihre Hand um sie zu trösten. ,,11 Personen schafften es lebend ans Land. Unter ihnen meine Eltern. Wir bauten uns hier ein Leben auf, doch…“, ihre Stimme verlor sich. Ich war mir sicher das sie gar nichts mehr sagen würde, wenn ich sie jetzt drängen würde und so wartete ich, stumm ihre Hand haltend. ,,Vor etwa einem Jahr starben innerhalb von zwei Monaten alle außer mir. Ihr Körper wurde von Schluchzern geschüttelt und sie entzog mir ihre Hand. Ich versuchte noch lange sie zu trösten, doch sie schien in ihren Gedanken gefangen und nahm mich bis ich letztlich ging kaum noch wahr.

Als ich nachmittags erneut zu ihr ging, lehnte sie erschöpft an den Gittern ihres Käfigs. Die Augen halb geschlossen lächelte sie mich an. ,,Du bist nett.“, krächzte sie erschöpft. ,,Wäre ich nett, würde ich dich befreien.“, sagte ich voll schlechten Gewissens und nahm durch die Gitter des Käfigs ihre Hand in die meine. Eine weile schwieg sie, dann: ,,Hier gibt es zwei Regeln.“, sie hielt einen Finger hoch. ,,Der Stärkere hat das sagen.“, sie hielt zwei Finger hoch. ,,Jeder muss an sich selbst denken.“ Erstaunt blickte ich sie an. Man konnte deutlich sehen, dass es ihr sehr schlecht ging. Sie war an den Stellen, die nicht vom Sonnenbrand gekennzeichnet waren kalkweiß und eine Hand lag schützend über ihrem schmerzenden Bauch. ,,Weißt du nicht was wir wissen wollen? Hast du einen Grund zu schweigen? Wieso sprichst du nur mit mir?“ Wie immer, wenn ich zuviel fragte, antwortete sie zuerst nicht. ,,Okay, Themenwechsel. Was…“, sagte ich beschwichtigend als sie mir plötzlich ihre Hand entzog , sich abwandte und haltlos zitternd erbrach. ,,Rina“, murmelte ich besorgt. ,,W…wenn ich euch sage wo es ist… zerstört ihr die Gräber.“, wimmerte sie. ,,Rina…“, fing ich an, ahnungslos was ich überhaupt sagen wollte. Rina verließen ihre Kräfte und sie schlief erschöpft ein.
Einen Augenblick betrachtete ich sie. Nein, das hatte sie nicht verdient. Ich ging in das Zelt meines Vorgesetzten. ,,Sir?“, rief ich. Er kam aus einer kleinen Nische und sagte hart: ,,Sprechen sie Aexander.“ An seinen ruppigen Ton war ich gewöhnt und nahm es daher nicht persönlich. ,,Die Gefangene braucht Wasser und Brot. Es geht ihr gar nicht gut.“ ,,Ist sie den bereit zu sprechen?“ ,,Nun…“, ich zögerte. ,,Nein. Kein Wort. Vielleicht versteht sie uns doch nicht.“ Das war zwar eine kleine Notlüge, doch sollte sie sich weiterhin weigern uns zu sagen wo die Statur war, konnten wir noch immer so tun als verstünde sie uns nicht. Vielleicht wäre diese Vermutung ihre Rettung und ihr Weg zurück in die Freiheit. Diese kleine Hoffnung war besser als gar keine. Aber seit wann versuchte ich eigentlich sie zu schützen? Aber wenn ich genauer darüber nachdachte, war es gar nicht so merkwürdig. Natürlich, ich wollte das Gold finden, reich werden. Aber von Folter oder sogar Mord war nie die Rede gewesen. Außerdem hatte sie mir bereits das Leben gerettet. Ich war ihr etwas schuldig. Den restlichen Tag und die halbe Nacht konnte ich nur an ihr mal Tränenüberströmtes und mal kalkweißes, schmerzverzerrtes Gesicht denken. Mein Vorgesetzter hatte sich nicht erweichen lassen. Als ich sie am Nachmittag besuchte war sie ein zusammengesunkenes Häufchen elend. ,;Alex.“; winselte sie erschöpft als sie mich bemerkte. ,,Ich kann nicht mehr. Wenn ich euch sage wo die Statur steht… schützt du dann die Gräber?“ Ich zögerte. Ich hatte Angst ihr falsche Versprechungen zu machen, doch noch mehr fürchtete ich das sie noch mehr leiden oder gar sterben würde, weil sie es uns nicht verriet. ,,Ja, ich verspreche es dir.“ Erleichtert ging ich zu meinem Vorgesetzten und eröffnete ihm, dass Rina nun bereit war uns hinzuführen. Keine Stunde später waren alle Personen in unserem Lager zusammengekommen und abmarschbereit. Eingeschüchtert hatte sie sich in eine Ecke gekauert und suchte meinen Blick. Ich öffnete die Tür des Käfigs und kletterte zu ihr hinein. ,,Hier, trink etwas.“, sagte ich zu ihr und hielt ihr eine Wasserflasche an den Mund. Dankbar trank sie in großen Schlucken die gesamte Flasche schnell leer. ,,Aufstehen. Los!“, schnauzte sie mein Vorgesetzter streng an. Sie zuckte zusammen. ,,Alex, ich… kann nicht aufstehen.“, flüsterte sie mir mit zittriger Stimme zu. ,,Komm, ich helfe dir.“ Vorsichtig zog ich ihren Arm über meinen Nacken und sie hoch. Taumelnd ging sie von mir gestützt wenige Meter. Scheinbar blindlings taumelten wir Stunde um Stunde mit unserer riesigen Gefolgschaft im Wald herum. Immer wieder unterbrochen von ihrem zu-Boden-sinken und erbrechen. Das ungeduldige Stöhnen und meckern hinter uns ignorierend, streichelte ich dann ihren Rücken und flösste ihr Wasser ein. Erschöpft taumelten wir weiter bis sie irgendwann erschöpft stehen blieb. ,,Bitte, enttäusche mich nicht.“ ,flüsterte sie mir nahezu nicht hörbar zu. Dann führte sie uns einen nahezu unsichtbaren Gang um einen Berg entlang hinunter. Der Pfad endete in einer Höhle in der sich das Licht auf wundersame Weise brach. Sie führte uns noch ein Stück weiter bis sich die Höhle zu allen Seiten weitete und die Sicht auf eine große goldene Statur freigab. Wie war sie in die Höhle gelangt? Sie war zu groß um durch den Tunnel zu passen oder sie gefahrlos den schmalen Pfad hinauf zu transportieren. Wenige Minuten erstaunter ,ahs´ und ,ohs´, die rasch verklangen und nur kaltes Pläneschmieden zurückließen. Wie bekommen wir sie hier raus? Wie durch den viel zu engen Wald? Durch den Tunnel? Rina, die erschöpft an einer Wand hinunter gesunken war, schien niemanden mehr wahrzunehmen. Sie schien vor Hunger und Erschöpfung bereits im Halbschlaf zu sein, doch als sie die Worte der Männer hörte wurde sie schlagartig wach. ,,Wir holzen einen Pfad vom Meer bis zur Höhle ab und zerstören die Höhle!“ ,,Nein!“, schrie Rina. Sie kam schwankend auf die Beine und taumelte auf mich zu. ,,Du hast es mir versprochen!“, wimmerte sie. Ich nickte. ,,Es gibt doch sicher einen anderen Weg.“, sagte ich fieberhaft überlegend. ,,Jede andere Möglichkeit hieße die Statur in Stücken zu transportieren. Zerstören. Wertmindernd. Auf keinen Fall. Abholzen.“, entschied schnell und unverhandelbar mein Vorgesetzter. ,,Nein!“, schrie Rina und wollte sich auf ihn stürzen, doch ich hielt sie fest. ,,Erschießt sie.“, befahl er genervt. ,,Nein. Bitte.“, fuhr ich auf und schob mich zwischen Rina und die Gewehre. Gereizt blickte er mich an. ,,Dann sorg dafür das sie still ist Alex.“
Rina schrie, kratzte und biss, doch ihr Körper war durch die Tortur der letzten Tage sehr geschwächt und so war es für mich ein leichtes sie fort zu ziehen. Sie auf dieser Distanz zu halten stand jedoch auf einem ganz anderen Blatt Papier. Ich redete immer weiter auf sie ein, entschuldigte mich und tat alles was mir einfiel um sie zu beschwichtigen. Vergeblich. Irgendwann kam mir etwas in den Sinn. Ich legte alle Waffen und die Schutzkleidung ab und stellte mich ihr gegenüber hin. Ohne Worte verstanden wir uns und begannen mit einem gnadenlosen Kampf. Ihr Vorteil: Anders als ich war sie an einen Kampf ohne Waffen gewöhnt. Ihr Nachteil: Sie war sehr geschwächt und hatte seit Tagen nichts gegessen. Bereits nach kurzer Zeit war der Kampf entschieden. Trotz deutlicher Blessuren in Form von Kratzern, Bissen und blauen Flecken hatte ich gewonnen. Und der Gewinner entscheidet. ,,Es tut mir leid was sie tun. Sehr leid sogar. Aber dein Tod rettet die Gräber nicht. Du hast keine Chance. Du wirst nicht gegen sie kämpfen, nicht schreien oder ähnliches. Verstanden? Ich verbiete es!“ Blass nickte sie. Ich schob sie in mein Zelt und gab ihr etwas Brot. ,,Iss.“ Sie gehorchte.
Bereits zwei Tage später rückten die Bulldozer an. Rina gehorchte. Sie schrie nicht, kämpfte nicht. Sah nur mit hängenden Schultern und stumm weinend zu. Ich versuchte sie mehrmals zu trösten doch meine Worte prallten an mir ab. Sie sagte kein Wort zu mir und wich meinen Berührungen aus. Als die Arbeiten erledigt waren zog sich eine große Narbe aus gefällten Bäumen bis ins Herz der Insel. Die Gräber hatte ich nirgendwo entdeckt, doch au ihren toten Augen schloss ich, dass wir sie zerstört hatten. Unsere Lager wurden abgebaut und auf das Schiff geladen. ,,Rina, bitte komm mit mir. Was bleibt dir hier noch?“, versuchte ich sie zum was-weiß-ich-wievielten Mal zu überreden, doch sie würdigte mich keiner Antwort und winkte nicht mal als unser Schiff außer Sicht fuhr.




Ein Jahr später…



,,Rina!“, schrie ich in den Wald hinein. Ich glaubte nicht, dass ich sie finden würde. Es war ein so grenzenlos großes Gebiet. Doch auch wenn es fast aussichtslos war hatte ich das vergangene Jahr beinah unaufhörlich an sie gedacht und irgendwann hatte ich mich einfach in Bewegung gesetzt und war zurückgekehrt. Ich hatte mich in sie verliebt. Das war keine urplötzliche Erkenntnis gewesen, sondern ein schleichender Vorgang. Dennoch war es so klar wie der Sonnenuntergang, der garantiert irgendwann kommen würde. Während ich den Urwald durchstriff plagte mich mein schlechtes Gewissen und die typischen hinterher-weißt-du-es-besser Gedanken. Ich hätte nicht so schnell aufgeben dürfen. Ich hätte ihr sagen müssen was ich fühle. Ich hätte sie in ihrer Trauer nicht allein hier lassen dürfen.
Der Tag ging zu Ende und trübsinnig kehrte ich zurück zu meinem Schiff. ,,Morgen ist ein neuer Tag, wir finden sie schon noch.“, sagte mein bester Freund James. Ich wusste das seine Worte mich nur aufheitern sollten und er selbst nicht im entferntesten daran glaubte.

Tagelang durchstriffen wir den Wald. Als wir schon beinah aufgeben wollten, murmelte eine leise Stimme ,,Alex.“ Erschrocken drehte ich mich um, konnte jedoch nichts entdecken. Ich war schon beinah überzeugt zu haluzinieren, als weit oben plötzlich ein Ast knackte und etwas wie ein nasser Sack herunterfiel. ,,Rina.“, rief ich erschrocken und wollte schon zu ihr rennen, doch sie schluchzte gequält: ,,Bleib weg! Nein, komm nicht her!“ ,,Warum?“, fuhr ich wütend auf. ,,Ihr müsst schnell von hier weg. Der Wald stirbt. Ihr sterbt auch wenn ihr hier bleibt.“ Doch es war mir egal. Ich hatte mich das vergangene Jahr so sehr nach ihr gesehnt. Ich rannte zu ihr und kniete mich neben sie. Vorsichtig drehte ich sie auf den Rücken. Ich erstarrte. Ihr ganzer Körper war von Flecken übersäht. ,,Baumfieber!“, stöhnte ich entsetzt. Ich biss die Zähne fest zusammen und schloss einen Moment die Augen, dann: ,,James!“, rief ich laut. Dieser hatte bisher erschrocken hinter mir gestanden und kam nun zögernd zu mir vor. ,,Hol zwei Männer und eine Trage für Rina vom Schiff. Sag dem Arzt er soll uns alle gegen Baumfieber impfen. Wir legen mit Rina in zwei Stunden ab. Rina braucht dringend einen Arzt!“ Während James davoneilte, blieb ich bei Rina. ,,Bleib wach Kleine. Bleib wach!“, flüsterte ich während ich vorsichtig ihren Kopf stützte. ,,James, kommt gleich zurück. Durchhalten.“ Vorsichtig tastete ich ihren Körper ab. Zumindest äußerlich hatte ihr der Sturz unglaublicher Weise keinen Schaden zugefügt. ,,Ihr müsst weg. Alles stirbt.“ ,,Mach dir keine Sorgen.“, murmelte ich, während ich trostspendend ihre Stirn streichelte. ,,Wir können dir helfen.“ Einen Moment schloss sie erschöpft die Augen, dann: ,,Du wolltest mich damals retten und ich…“ Tränen traten in ihre Augen. ,,Tut mir Leid.“ ,,Ist schon okay. Mach dir keine Sorgen.“ Sie lächelte schwach bevor ihr die Augen zufielen.
Etwa eine Stunde später kam James zurück. Rina war noch nicht wieder aufgewacht. Wir hoben sie auf die Trage und kämpften uns durch den dichten Wald. Mit Rina auf der Trage war es eine schwere Anstrengung uns durch den Wald zurück zu kämpfen. Trotzdem atmete Rina als wir ankamen schwerer als wir alle und Schweiß perlte in Strömen von ihrem Körper. Mit einiger Verspätung setzten wir die Segel.

,,Wir dürften in etwa zwei Tagen ankommen. Alex… Meinst du Rina hält noch solange durch?“ ,,Ja!“, sagte ich wütend über James Zweifel. Wenig überzeugt blickte James auf Rinas bewegungslosen Körper in meinem Bett. Seit wir vor zwei Tagen losgefahren waren, hatte sie kaum mehr gesprochen oder sich gerührt. ,,Sie muss einfach!“, sagte ich matt und setzte mich neben sie. ,,Rina.“, flüsterte ich leise hob ihren Kopf etwas an. ,,Du musst etwas essen und trinken. Bitte Rina, ich will dich nicht verlieren!“ Vorsichtig flösste ich ihr Löffel für Löffel Suppe und Tee ein. Kaum die Hälfte schluckte sie, doch die Hälfte war besser als gar nichts. Am frühen Abend öffnete sie die Augen und begann unverständliches Zeug zu murmeln. Sie war sehr aufgeregt. Einzelne Sätze konnte ich verstehen. ,,Bitte sterbt nicht!“,
,,Lasst mich nicht allein!“ ,,Mama, Papa, bitte!“ Alles gute zureden beruhigte sie nicht. Als sie anfing haltlos zu weinen und zu schreien, krabbelte ich zu ihr unter die Decke, zog sie fest in meine Arme und begann ihr leicht durch das Haar zu streicheln. Ihr Körper war furchtbar heiß, in meinen Armen entspannte er sich endlich und schlief ein.

Die nächsten Tage fantasierte sie immer häufiger. Ich schaffte es nur noch selten sie zu beruhigen und essen verweigerte sie konsequent. Als wir endlich am Hafen anlegten, riefen wir uns sofort – die in dicke Decken gewickelte Rina dabei – ein Taxi und fuhren zu einem Krankenhaus. An Schläuchen gehängt und ans Bett festgebunden wurde sie mit Medikamenten zugedröhnt. Sie in den Händen von Experten zu wissen beruhigte mich sehr. Es dauerte mehrere Tage bis sie endlich über den Berg war. Als sie eines Morgens aufwachte, merkte ich sofort, dass sie wieder klarer denken konnte. ,,Alex.“, flüsterte sie zitternd. ,,Bitte mach diese Dinger ab.“, flüsterte sie und sah zu den Fesseln die sie während ihrer Fieberfantasien auf dem Bett gehalten hatten. ,,Okay.“, sagte ich sofort. Man sah, dass es ihr besser ging. Es bestand keine Notwendigkeit mehr sie zu fesseln. Kaum waren sie ab, setzte sie sich schwerfällig auf. ,,Wo… sind wir.“ „Im Krankenhaus.“ Als sie mich nur verständnislos ansah, versuchte ich zu erklären: „Hier bringt man Personen her denen es nicht gut geht und versucht ihnen zu helfen.“ „Und…ich bin so eine Person?“, fragte sie neugierig. Mein Blick glitt an ihr hinab. Sie war viel dünner als noch vor einem Jahr. Ihr Gesicht eingefallen. Dunkele Augenringe in einem sehr blassen Gesicht… „Ja, du warst krank. Aber du kommst wieder auf die Beine.“ Sie lächelte. ,,Ich will aufstehen. Raus.“ Nachdenklich sah ich sie an. ,,Vorschlag: Du wirst noch mal untersucht. Wenn der Arzt sagt, dass du gehen darfst, gehen wir.“ Sie nickte stumm. Dennoch krabbelte sie aus dem Bett. „Sei vorsichtig. Dein Körper ist noch sehr geschwächt.“, sagte ich besorgt. Stumm taumelte sie zum Fenster und berührte verblüfft das Glas bevor sie hinaussah. Leise trat ich hinter sie und berührte ihre Schulter. ,,Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass du mir noch vertraust, aber …ich passe auf dich auf. Du brauchst dich nicht zu fürchten.“ Sie drehte sich um und wir sahen uns für einen kurzen Moment fest in die Augen. Sie öffnete gerade den Mund um…etwas zu sagen?...als es an der Tür klopfte und der Arzt rein kam. ,,Wie geht es unserer jungen Patientin mit dem sehr außergewöhnlichen Baumfieber?“ ,,Sie sind der Arzt? Mir geht’s gut, ich will gehen.“, sagte sie selbstbewusst. Erstaunt blickte mich der Arzt an. Ich konnte ein fröhliches Lächeln jedoch nicht unterdrücken. Eine Wohltat die Rina aus den ersten Tagen unserer Bekanntschaft zurückzuhaben. Die Rina, die statt krank oder traurig, lebensfroh und mutig war. „Es wäre trotzdem nett, wenn sie sie noch einmal untersuchen würden. Sie ist ausgesprochen zäh, aber mich würde es sehr beruhigen.“ Der Arzt nickte, doch als er sein Stethoskop hervorzog, wich sie verunsichert etwas zurück. „Keine Sorge.“, murmelte ich beruhigend und schob sie sanft Richtung Arzt. Die Untersuchung ging schnell und da wir fast mit leeren Händen gekommen waren, waren wir schnell wieder aus dem Krankenhaus raus. Wir gingen gemächlich durch die Straßen. Ihr Blick zwischen Verwunderung, Erstaunen, Ablehnung und Entzücken wechselnd, lag auf allem nahezu gleichzeitig. Doch bis auf das sie meine Hand ergriff – und während unserer ganzen Tour nicht mehr losließ – deutete nichts darauf hin, dass ihr die Gegend Unbehagen oder gar Angst bereitete. Sie sagte und fragte kaum etwas. Ließ alles stumm auf sich wirken.
„Rina?“, setzte ich unsicher an. „Ich weiß, du kannst es dir sicher schwer vorstellen nach 15 Jahren im Urwald… Und ich bin sicher das das dich diese vielen Menschen hier etwas einschüchtern, aber…“ Ich schaute sie unsicher an. Ich war mir nicht sicher wie ich enden sollte und wollte. ,,Alex… ich würde gerne bei dir bleiben, aber ich passe nicht hier her.“, unterbrach sie mein nach-den-richtigen-Worten-suchen mit trauriger Stimme.
,,Ich will das du bei mir bleibst!“ „Ich brauche Bäume, Wasser, Natur…“ Ich lächelte.

Bereits zwei Wochen später zeigte ich ihr das kleine Paradies was ich von meinem Goldanteil für uns gekauft hatte. Eine traumhafte Mischung zwischen Natur und moderner Technik. Von viel Licht durchflutete Bäume umgaben ein Haus. Etwa 100 Meter entfernt ein kleiner See. Als ich sie durch das Haus führte und sie sich langsam mit den modernen Geräten und der Einrichtung vertraut machte konnte ich ein lächeln nicht unterdrücken.
Im Wohnzimmer schaute sie erstaunt durch die komplett gläserne Wand hinaus in unseren Wintergarten. Der Boden war aus normalem Gras und Erde durch die eine Hand voll winziger Bäume sprossen. „In zwei Jahren überstehen sie draußen problemlos den Winter. Bis dahin bleiben sie hier.“ Ich hatte kapiert. Die Gräber waren die winzigen Bäume direkt über der Höhle auf einer kleinen Lichtung gewesen. Ein lebendes Andenken an die Verstorbenen. Die Bäume waren zwar zerstört, aber das heißt nicht, dass nicht irgendetwas leben kann.

Sie lehnte sich an mich, stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte einen Kuss auf meine Lippen. Erstaunt sah ich sie an. ,,Mama sagte einmal zu mir: Wenn du jemanden findest den du mehr magst als alle anderen, zeigst du ihm das so.“

(c) Nadine Markowitz

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